Kalif? Das ist doppelt falsch, Mohammed!

Des honorablen Stadtrats Mohammed Hamdaouis Voten und Texte sind fast immer ein Vergnügen. Der Mann beherrscht Sprache und Rhetorik virtuos und scheinbar aus dem Stegreif. Was er sich aber in der Bieler SP-Zeitung (November 2014) leistet, ist wahrlich kein Meisterwerk.

Fangen wir beim Nebensächlichen an: Wo habe ich den Staat verhöhnt, mein Lieber? Ja, ich will nicht, dass der Staat uns die Verantwortung wegnimmt. Ja, ich will keinen real existierenden Sozialismus, der das Individuum verhöhnt. Ich will aber, dass sich Leistung lohnt. Trotzdem gibt es für mich unabänderliche Staatsaufgaben: Bildung, Infrastruktur, Gewalthoheit und Soziale Sicherheit. Die sind in ihrem Kern auch nicht auszulagen, die muss der Staat in der Hand behalten. Auch stehe ich für nachhaltige Entwicklung ein: Wir müssen überzeugt sein, dass wir den nächsten Generationen gleich viel Freiheit in der Gestaltung ihres Lebens lassen, wie wir sie haben. Bedeutet, dass wir den Verbrauch von Ressourcen durch Innovation rechtfertigen müssen. Das ist nicht „gegen seine [i.e. des Staates] Grösse“ rebellieren, sondern einfach dafür sorgen, dass auch der Staat effizient ist, unsere Freiheit nicht unnötig beschränkt und nicht Ressourcen für Aufgaben verbraucht, die dem aufgeklärten Bürger anheim gestellt werden müssen. Wenn dann Hamdaoui auch noch Empörung über Kosten generell sieht, respektiert er nicht nur den politischen Gegner nicht, sondern schiesst schlicht übers Ziel hinaus. Schlechter Stil, den ich selbst oft nicht vermeiden kann. Den ich aber Hamdaoui nicht zugetraut hätte, Mohammed führt da normalerweise ein feineres Schwert.

Richtig doppelt falsch wird es da, wo mir zum zweiten Mal aus diesem Lager abenteuerliche Ambitionen zugeschrieben werden. Das geht bei Mohammed Hamdaoui dann so: „Fragt sich, ob ihre wahren Gründe nicht vielmehr die sind, selbst den Platz des Kalifen einzunehmen zu wollen?“ Zuerst würde man versucht sein, die Frage mit Ja zu beantworten. Denn dass ich Gemeinderat werden will, habe ich nie versteckt. Eine rhetorische Frage also? Nicht ganz, denn es steht nicht „Gemeinderat“ sondern „Kalif“. Der Kalif ist ein politisch-religiöser Führer. Der kleinere Fehler liegt darin, dass es in Biel keinen Kalifen geben wird, da wir hier das islamische Recht nicht anwenden. Ist ja auch nur eine rhetorische Figur, eine Metapher. Der grössere Fehler ist derjenige der religiösen Führung. In der Sozialdirektion geht es um Handwerk, nicht um Glauben. Es geht darum, die schwierige Aufgabe zu verstehen und die Führung durch harte Arbeit zugeschrieben zu bekommen. Wer diese Direktion aus dem Schlamm ziehen will, muss sich das Vertrauen der Front, der Sozialarbeiter/innen und Sozialarbeiter wie der Unterstützen erkämpfen. Wohl durch zuhören und unterstützen. Dabei darf er gleichzeitig sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Er wird also zu jeder Zeit klar zeigen müssen, was er will und gleichzeitig Verbündete dafür suchen. Dafür braucht er Erfahrung und Ausbildung. Fast wie ein Kalif, aber eben ohne den Anspruch religiöser Führung.

Mohammed Hamdaoui, deine Worte schätze ich, auch wenn ich deine politische Position nicht teile. Diesmal bist du im Schluss nur teilweise richtig gelegen. Dazwischen hat das Schwert deiner Zunge sich in der Erde stumpfgeschlagen. Gib acht, dass du es nicht kaputt schlägst, es wär mir leid!

Heisses Eisen? Eher: Schwierige Arbeit. – Eine Vorschau

Dass die Umsetzung der Motion zur Fachstelle Arbeitsintegration auf sich warten lässt, ist angesichts der schwierigen Arbeit, in der die Sozialdirektion steckt, nicht verwunderlich (siehe Bieler Tagblatt von heute, 05.01.15). Dass der Gemeinderat einmal mehr nicht handeln kann, wohl auch nicht. Nächste Woche ist Stadtrat, da wird Gelegenheit sein, darüber zu schreiben und zu reden.

Vorher sollte hier in den nächsten drei Tagen eine persönliche Auslegeordnung der Causa DSS-Direktor gezeigt werden. Beginnen werde ich mit einigen Gedanken zu Mohammed Hamdaouis Kommentar in der SP-Zeitung. Dann bin ich mir noch nicht sicher, ob ich auf die SP-Vergangenheit der Direktion und den Versuch, sie als Grund für das Scheitern des neuen Direktors zu missbrauchen, eingehen will. Das ist schliesslich ein unnützes Nebenscharmützel, dem Kandidaten Feurer war bekannt, was auf ihn zukommt. Wir werden sehen. Ganz sicher aber werden Reflektionen zur Nachfolge von Beat Feurer nötig sein. Die ist nämlich eine Mission Impossible, egal wer dafür antreten möchte.