Ehe für alle.

Die Arena vom letzten Freitag hat sich um die Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern gedreht. Warum ich dafür bin, die Ehe als Institut unabhängig vom Geschlecht der beiden Partner zu fassen.

Ich bin seit langer Zeit verheiratet durch und durch hetero, Christ und Mitglied einer Landeskirche: Das schon einmal zu Beginn, damit diese Fragen geklärt sind. In der Arena vom letzten Freitag spielten diese Attribute eine Rolle, obschon sie aus meiner Sicht untergeordnete Bedeutung haben, wenn die Frage gestellt ist, ob Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in der Schweiz möglich sein sollten.

Was ist eine Ehe? Die „Willenseinigung zwischen Mann und Frau zur Begründung einer auf Dauer angelegten und öffentlich anerkannten Lebensgemeinschaft und die gesetzlich geordnete Verbindung zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts (heterosexuell) mit Ausschliesslichkeitscharakter“ (http://www.ehe-recht.ch/, 28.02.15 18:11).

Warum sollte die Einschränkung auf heterosexuelle Paare weggelassen werden? In der Arena wurde von den Gegnern der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare Bezug genommen auf die Geschichte, die Setzungen in der Schrift und auf das eigene Empfinden. Aus meiner Sicht ist die Frage falsch gestellt, wenn sie ihre Begründung in der Tradition und der Religion sucht. Richtig müsste danach gefragt werden, welche Wirkung die Ehe für die Partner und die Gesellschaft bedeutet. Wichtig ist der Blick auf die Folgen, nicht auf die Begründung in der Vergangenheit.

Die Ehe begründet Treue- und Beistandspflichten und verändert die gesetzliche Erbfolge. Sie verändert auf jeden Fall das Leben der beiden Beteiligten, auch wenn sie sich später entschliessen, die Ehe aufzulösen.

Die Unterschiede zwischen Ehe und eingetragenen Partnerschaften liegen im Verfahren und Wirkung (Zeugen, Verlobung, Zivilstand, gemeinsamer Name, gemeinsames Bürgerrecht Güterstand, Unterhaltsanspruch bei Scheidung). Die Ehe wirkt stärker als eingetragene Partnerschaften. Ehen wirken in der Gesellschaft stabilisierend aufgrund ihrer rechtlichen Folgen, der empfundenen Verantwortung, der emotionalen Bedeutung und der Hürden oder Kosten ihrer Auflösung.

Warum also eingetragene Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare und nicht Ehen? Weil es für uns nicht vorstellbar ist, dass sich zwei Männer oder zwei Frauen verhalten könnten wie Mann und Frau? Weil das irgendwie krank ist? Weil Gott das nicht will? Weil danach sicher die Frage nach Kindern kommt?

Kinder: Paare werden für Adoptionen ohnehin auf Herz und Nieren geprüft, das ist unabhängig vom Geschlecht der Beteiligten und in der Beurteilung der zuständigen Behörde. Zugang zur Fortpflanzungsmedizin ist in der Schweiz auf heterosexuelle Paare grundsätzlich beschränkt. Allerdings kann sich ein gleichgeschlechtliches Paar diesen Zugang mit etwas Fantasie und gutem Willen verschaffen, die Hürden sind nicht hoch.

Sexuelle Präferenzen sind aus meiner Sicht kein Grund, Paare, die zusammen leben, von der Institution der Ehe auszuschliessen. Glaube und die Tradition mögen zwar meine Beurteilung von gleichgeschlechtlichen Paaren beeinflussen. Sie können aber nie ein Grund sein, warum die Schweiz homosexuelle Paare vom Institut der Ehe ausschliessen.

Deshalb finde ich, dass wir die Ehe begreifen sollten als Willenseinigung zwischen zwei Menschen zur Begründung einer auf Dauer angelegten und öffentlich anerkannten Lebensgemeinschaft und die gesetzlich geordnete Verbindung zweier Personen mit Ausschliesslichkeitscharakter. So ist es richtig.

Bieler Stadtrat vom 26.02.15 – Grosse Keulen zum Desaster in der Bieler Sozialdirektion

Es ist kurz nach sieben. Die Vorstösse zum Desaster in der Bieler Sozialdirektion geben den Votanten einen Vorwand, gleich die grossen Keulen hervor zu nehmen.

Nathan Güntensperger redet sich heiss an der Geschichte und unterstellt  uns Freisinnigen wieder einmal, wir wollten „nur“ die Direktion. Lieber Herr Güntensperger, ist es so schlimm, wenn man weiss, dass man es viel besser kann und es deshalb tun will? Wäre doch super, uns dann vier Jahre später den Spiegel vorzuhalten.

Der Grüne bezeichnet den Sozialdirektor als Lügner. Die SP-Vertreterin sucht ernsthaft nach einer guten Zukunft und wehrt sich gegen vermutete Beschuldigungen.

Peter Bohnenblust ist gewohnt präzise. Am Schluss seines Votums stellt er ganz klar fest, dass zwischen dem Mensch Feurer und dem Politiker Feurer unterschieden werden muss.

Dann hören wir vom SVP-Stadtrat, dass die Sache und die Bevölkerung wichtig ist. Man solle doch dem Politiker Vertrauen schenken. Wir sollen Beat Feurer die Fehler verzeihen. Das habe der Gemeinderat nicht gemacht. Der Gemeinderat habe eine „attitude déplorable“, deshalb werde man ihn weiterhin kritisieren. Merkt er seinen Perspektivenwechsel?

Was von SP-Seite mit der Feststellung quittiert wird, dass sie mit der Direktion nicht zufrieden seien.

Der Stadtpräsident ist sich sicher. Es ist für ihn einfach, daran ändern auch die Fragen aus der letzten Reihe nichts.

Feurer selbst redet sich um Kopf und Kragen. Dabei legt er ein lupenreines Geständnis ab, er habe eine Amtsgeheimnisverletzung begangen. Er stehe zu diesem Fehler. Da wird er wohl um das Strafmandat nicht herumkommen…

Nach der Pause sucht der SVP-Vertreter seine Notizen, André Vuille dankt für die Spende von über CHF1000 für den FC Biel. Dann kommt’s, auch ohne Notizen. Verlangt eine PUK, die genau untersucht, was die Hintergründe des Desasters waren. Die Bevölkerung denke, es sei ein Politspiel und das wirke sich negativ auf die Stimmbeteiligung aus. Der Auftrag sei klar umschrieben für die PUK, sie kann und muss nur das tun, was ihr aufgetragen ist. Jetzt gelte es, einen Schlusspunkt zu setzen.

Weitere Votantinnen und Votanten sind da anderer Meinung. Es sei schon genug transparent gemacht worden, alles sei auf dem Tisch, die PUK koste nur, die Verwaltung werde belastet. Und dann geht es hin und her, eineinhalb Stunden lang.

Ordnungsantrag: Es wird abgestimmt. Zu Punkt 1 Namensaufruf, die PUK ist weg. Die SP will die Sitzung unterbrechen, dem wird stattgegeben. Dann will Grupp wieder Namensaufruf zum Punkt 2. Die Abstimmung geht mit 30 zu 27, die GPK wird eingesetzt.

Einer sagte heute nichts dazu:

Leonhard Cadetg mit Zeigefinger

Filière Bilingue: Vertretbare Nebenwirkungen?

Die zweisprachige öffentliche Volksschule ist attraktiv für Schweizer Eltern. Besonders viele gut verdienenden Eltern möchten ihre Kinder in die Filière Bilingue schicken und dafür nach Biel ziehen. Warum soll also dieses attraktive Bieler Produkt nicht verkauft werden? Weil es Nebenwirkungen hat. Weil die gemeinsame Bildung aller für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sehr wichtig ist.

Das Postulat zur Filière Bilingue lenkt den Blick vom Diamanten der zweisprachigen Klassen auf seine Wirkung auf die andern Schulen. Warum die Sorge um sie begründet ist und was untersucht werden muss.

Wenn die Filière Bilingue nachhaltig attraktiv sein soll, dann müssen wir sie auf ein moralisch einwandfreies Fundament stellen. Es genügt deshalb nicht, die positive Diskriminierung auszuschliessen, wie es der Gemeinderat tut, wenn er schreibt: „Es gibt keine Kriterien, die fremdsprachige Kinder von der Aufnahme in die Filière Bilingue ausschliessen.“ (Antwort des Gemeinderates auf das Postulat 20140159 vom 19.12.14) Nach heutigem Informationsstand stimmt das nicht ganz, indem die Beherrschung einer beliebigen Sprache Voraussetzung ist und dieses Kriterium statistisch nach allen Informationen, die uns vorliegen, in der zugezogenen Bevölkerung hoch signifikant weniger häufig erfüllt ist als in der einheimischen. Deshalb kam auch Applaus aus den Reihen der SVP für die Filière Bilingue nicht ganz von ungefähr.

Sehen wir also darüber hinweg, dass nicht positiv diskriminiert wird, bleibt doch die Tatsache, dass die Auswahl eine Restschulproblematik zurücklässt, also negativ diskriminierend wirkt. Das kommt einerseits davon, dass die Existenz der Filière Bilingue auf die soziodemographische Zusammensetzung des Quartiers eine Auswirkung hat. Die Wirkungsketten die dazu führen sind bekannt: Als Vermieter oder Vermieterin bevorzugen Sie in der Regel einheimische Familien mit höherem Einkommen. Wenn sich diese vermehrt in ihrem Quartier um Wohnungen bemühen, entsteht eine höhere relative Dichte dieses Bevölkerungsteils. Zusammen mit den angewendeten Auswahlkriterien kommt es zur erwähnten negativen Diskriminierung.

Einfach gesagt: Die Schule verwandelt das Quartier, weil sie attraktiv ist. Gilt übrigens auch umgekehrt und ist eines der Hauptprobleme, die wir in Biel und der Agglomeration haben. Eines der grossen Tabus, wenn wir richtig hinsehen. Es spielt eine Rolle, wie wir mit unseren Schulen umgehen. Der Gemeinderat ist sich der Problematik bewusst, wie in der Antwort nachzulesen ist.

Selbstverständlich wurde ich vom Erziehungsdirektor auf unsere Eingabe angesprochen, er hat sich ja sehr positiv zur Filière Bilingue geäussert. Soweit ich ihn verstanden habe, teilt auch er die Ansicht, dass die angesprochene negative Diskriminierung untersucht und allenfalls kompensiert werden muss. Der Eindruck, ich würde mich gegen die zweisprachige Ausbildung wenden, ist grundsätzlich falsch. Der interkulturelle Dialog muss hier beginnen, wo zwei Kulturen eng zusammen leben. Die Zweisprachigkeit darf aber nicht zum Altar werden, auf dem grundlegende moralische Werte stillschweigend geopfert werden. Wir müssen uns trauen, nicht Rücken an Rücken zu leben, sondern voneinander zu lernen und einander auch herauszufordern, ohne in unüberbrückbaren Streit zu geraten.

Freude bereitet selbstverständlich die Tatsache, dass die Anliegen des Postulates im Rahmen der Evaluation wirkungsvoll und mit kleinem Aufwand aufgenommen werden. Als Schulrat der Pädagogischen Hochschule Bern bin ich auch überzeugt, dass die Evaluation die aufgebrachten Aspekte berücksichtigen wird.

In diesem Sinne danken wir dem Gemeinderat für die Aufnahme des Postulates und unterstützen ihn nach Kräften, die Zweisprachigkeit nachhaltig zu fördern.

So, das hat Spass gemacht.

Lindner im NRW LandtagEin Freund hat mich gebeten, den Link zur Wutrede von FDP-Chef Lindner im NRW-Landtag an Erich Fehr weiterzuleiten, der von seinen Umverteiler/innen ähnlich demontiert wird. Mach ich gerne.

Da ist auch noch der Artikel in der Welt dazu: http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article137049153/Ein-daemlicher-Zwischenruf-mit-grosser-Wirkung.html

Danke, Christian Lindner!

Online kaufen und Karton sammeln

Die Bieler SP-Stadträtin Salome Strobel war sichtlich erregt. Was da vom Gemeinderat auf ihr Postulat geantwortet wurde, konnte nur frustrieren. Ich hab ihr nach der Sitzung versprochen, das wieder aufzunehmen. Warum? Weil sich da so kleine Rechnungen im Kopf breit machten…

Offensichtlich stellt sich zuerst die Frage, ob es ökonomisch Sinn macht, vier Mal im Jahr einen kleinen Teil des Kartons in den Werkhof zu bringen. Denn jedes Auto transportiert dafür, wenn es hoch kommt, 0.5% seines Gewichts an Karton durch die halbe Stadt. Beim Kehrichtwagen wären es unsgefähr 25%, also schätzungsweise 50x weniger gefahrene Kilometer pro Kilo Karton und noch viel mehr pro Kilo Auto. Zugegeben, ich vereinfache da krass, aber die Grössenordnung stimmt.

Dann verschwindet ein zunehmender Teil des Kartons im Hauskehricht. Weil der Onlinehandel stärker wächst als die gesammelte Kartonmenge in Biel. Hier wird es ebenfalls trickreich, aber wir können robust schätzen: Der deutsche Versandhandel nahm von 2012 auf 2013 um rund 20% zu (Quelle: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/4452/umfrage/umsatzentwicklung-im-versandhandel-seit-1980-in-deutschland, 14.02.15). In der gleichen Zeit sank die gesammelte Kartonmenge in unserer schönen Stadt um 7% (Quelle: Geschäftsberichte der Stadt Biel, 14.02.15). Auch die gesammelte Papiermenge nahm ab. Um etwa 160 Tonnen, was schon fast der dreifachen Menge des gesammelten Kartons entspricht.

Da sind noch mehr Rechnungen im Kopf drin, die die Touren und die Anzahl Pilotversuche, die finanziellen Auswirkungen und die Risikominderung, um gemischte und getrennte Sammlungen, um Vergleiche und vieles mehr drehen. Weil ich aber weiss, dass das höchstens die Direktorin des Abfalls und ihre Mannen und Frauen interessieren sollte, wird das Publikum nicht weiter belästigt.

Ausser mit einem Gedanken über die Nebeneffekte: Es gibt Nebenwirkungen, wenn in Biel eine der Papierabfuhren pro Halbjahr durch eine Kartonsammlung ersetzt wird: Die legendäre Kaffeekasse der Mitarbeiter wird weniger durch die Samstagseinsätze gespeist. Zumal die Elektroschrott-Sammlung wegen der Rücknahmepflicht der einschlägigen Läden auch in Frage gestellt werden könnte. Das tut mir leid, aber ich hoffe auf das Verständnis, dass es hier um eine einfache und günstige ökologische Tat geht.

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Die Baudirektorin könnte also aufgefordert werden, einzelne Papier- durch Kartonsammlungen zu ersetzen. Mal sehen, was sie vom Vorschlag hält.

 

 

Mensch? Gemeinderat!

Ob Mario Cortesi unter anderen mich meinte, wenn er sich schämt „für jene hirnlosen Politiker, die (…) im Herbst spontan und voreilig seinen Rücktritt forderten“ (Biel Bienne vom 11.02.15, S. 5, vollständiges Zitat weiter unten)? Dann sollte er den Mut haben, dies auch zu schreiben. Denn ich war der erste und trage deshalb auch die Verantwortung dafür.
Gerade er, der so sehr darunter gelitten hat, dass nicht seine wirkliche Leistung, sondern seine Gesinnung beurteilt und verurteilt wurde, verliert im entscheidenden Moment den Durchblick? Dass die kurze Reportage sehr privat und farbig ist, tut zur Beurteilung der Arbeit des Sozialdirektors nichts. Was Politiker daheim tun, hat uns nur beschränkt zu interessieren. Sie sollten anständig bleiben, das bestimmt. Hingegen darf uns weder ihre schwere Kindheit, noch ihre sexuelle Orientierung, geschweige denn ihre religiöse Ausrichtung den Blick auf ihre Politik verschleiern. Ob und was einer Preis gibt, ist seine Sache. Im Falle des kritisierten Sozialdirektors ist es ein rührseliges Ablenkungsmanöver. Geschickt, sympathisch oder peinlich, je nach Betrachterin oder Betrachter.
Wie ich in der Reportage gesagt habe: Beat Feurer ist mir sympathisch. Der Sozialdirektor tut aber seine Arbeit nicht richtig, wusste worauf er sich einliess und vergisst seine Wahlversprechen. Er steht mit seinem Tun in krassem Widerspruch zu dem, was seine Partei national verlangt. Derjenige, der „ungemein grosszügig im Preisgeben von Privatimen“ ist, gibt uns als Gemeinderat die vollmundig angekündigten Lösungen nicht.
Die Rücktrittsforderung war weder spontan noch voreilig. Der Bericht Hubacher hat neben der sattsam bekannten Unordnung, die der Vorgänger hinterliess, deutlich gezeigt, dass der SVP-Mann eben dies nicht ist: Ein SVP-Mann.
Nun, von Mario Cortesi haben wir in den vergangenen Jahrzehnten viele treffende Kommentare auf der Basis akribischer Recherchen lesen dürfen. In der letzten Zeit verrennt er sich öfters.
Mario Cortesi im Biel Bienne vom 11.02.15, Seite 5: "«Beat Feurer bleibt» – unter diesem Titel widmete das Schweizer Fernsehen am Sonntagabend dem Bieler Sozialdirektor eine halbstündige Reportage. Dabei beanspruchte der Knatsch in der Sozialdirektion nur einen Teil der Sendung, viel Platz wurde dem (unbekannten) Menschen Feurer eingeräumt, der ungemein grosszügig im Preisgeben von Privatimen war. Dass er als kleines Kind ein Jahr lang im Spital lag, weil die Mutter seine Füsse mit heissem Wasser verbrannt hatte. Dass sich seine Mutter umbrachte, als er fünf war. Dass er aus seiner Kirche verstossen wurde, als er sich als Homosexueller outete. Dass er der grossen Liebe seines Lebens (einem Albaner) nachtrauert, dass er zuhause eine vierköpfige, vaterlose Tamilen-Familie beherbergt. Der Widerspruch zwischen landes- üblicher SVP-Politik und dem Glauben an Mitmenschen – egal aus welchem Land sie kommen –, wurde spürbar. Trotz Widerspruch besser für Biel, dass dem Sozialen ein Gutmensch und nicht einfach ein technokratischer Rausschmeisser vorsteht. Und man schämt sich für jene hirnlosen Politiker, die – ohne den Bericht Hubacher und den Menschen Feurer zu kennen – im Herbst spontan und voreilig seinen Rücktritt forderten."

Schwer auszuhalten und die Rechnung geht auf.

Sonntagabend. Die Reportage von Andrea Nikisch wird schon vor der Ausstrahlung kommentiert und kritisiert. So berührend wie die Geschichte, die sie zeigt, so bunt die Leute, die ihre schnellen Kommentare ins Netz stellen. Gehöre ich dazu?

Nicht zu den Religiösen. Und auch nicht zu den Verschwörungstheoretikern. Zu den Rücksichtslosen gehöre ich wohl. Zu denen, die einen gewählten Gemeinderat für das nehmen, was er sein sollte: Fähiger Direktor in schwierigem Umfeld. Ja, ich habe auf den Mann gespielt, weil der Mann entschieden hat, da hineinzugehen. Ist das fair?

Wer den Film bis zum Ende aushält, erhält eine Antwort, die so schockierend wie wohl zu kurz gegriffen ist.

Warum bleibt einer, wenn er nicht willkommen ist?„, fragt Andrea Nikisch. Aus dem penibel aufgeräumten Büro gefallen, tauchen wir in seinem Haus auf, erfahren Intimes, sehen Schönes. Dann Stadtrat, Feurer beim Reden, die Stadträtinnen und Stadträte vor der Kamera. Null Rückhalt – und zurück ins Private, in die Familie. Kann ich diesen sympathischen Menschen so plagen, wie ich es getan habe? Die Reporterin fragt nach, Feurer sieht den Widerspruch nicht, stellt die richtige Frage. Da war doch eine Aussage, eine Darstellung, die nicht richtig ist? Da stimmt doch wieder etwas nicht? Zurück ins Büro, hin und her, fast unmöglich noch etwas richtig zu machen. Nervosität, Feurer geht mit dem Mikrophon und seinem Direktionssekretär fort. Dann denkt er über seinen Rücktritt nach, bevor wir ihn die Generalversammlung der Gay-SVP leiten sehe: „Wir wollen, dass unsere Partei uns anerkennt.“ Ihn anerkennen, ihm Respekt entgegen bringen, ihn mögen und trösten: Ist es das, was er sucht? Warme Farben im Jahu, der Gesang, der Verlust der Freundschaften, die Duldung und die Sehnsucht des Einsamen. Bleiben. Wir sind im Blöschhaus, der Stadtpräsident redet, es ist fast nicht mehr zum Aushalten. Unterstützung oder Bevormundung? Es hilft ihm keiner. Verbrannte Füsse, Selbstmord der Mutter. Die Antwort, „warum jemand trotz Schmach und Verletzung bleibt„. Man muss ausharren.

Ich habe auf den Mann gespielt, weil der Mann entschieden hat, da hineinzugehen. Ist das fair? Ja und Nein. Beat Feurer tut mir leid. Trotzdem tut seine Geschichte nichts zur Sache, wenn es um die Zukunft der Stadt geht. Es war unverantwortlich, ihn in diese Situation zu bringen. Gab es in der Führungsriege der Partei keinen, der die berufliche Ausbildung hat, solches zu erkennen? Er hat niederträchtig gehandelt.

Seine Rechnung geht hingegen auf. Die Sendung ist zu Ende. Giacobbo/Müller läuft, die Kommentare sind grösstenteils bewundernd. Die Reportage hat Feurer gestützt.