Personalien, Flüchtlinge und eine schnelle Sitzung

Die letzte Sitzung des Stadtrates ist kurz und doch voller kleiner Überraschungen: Ein Adventskalender, dessen Törchen sich in rascher Folge öffnen und zum Schluss ein Gefecht zwischen dem alt-neuen Grünen und einer jungen Freisinnigen mit etlichen emotionsgeladenen Beteiligten erscheinen lassen.

Die heutige (16.12.15) Stadtratssitzung beginnt winterlich düster. Wir gedenken Hervé Treu.

Dann wird Sandra Schneider (SVP) als Ersatz für mich in die Kommission gewählt, die die Löhne der Gemeinderäte diskutiert. Das geht glatt über die Bühne, die Vorarbeit war gut. Weniger glatt geht es Max Wiher (GLP), der gerne sofort für Sandra Schneider in die Kommission AGGLOLac nachgerückt wäre. Das wurde aber in den Fraktionen noch nicht diskutiert und den Grünliberalen darum vorläufig nicht gewährt, was diese auch sofort verstanden. Dann das AGGLOLac Vizepräsidium, das an Dana Augsburger (SP) geht, grossmehrheitlich. Interessant waren die Versuche im Vorfeld, die sich im Rat aber auch nicht zeigten: Die Unterlegenen sahen die Niederlage schon frühzeitig kommen und regten sich deshalb nicht.

In Biel geht eine Asylunterkunft auf. Beat Feurer (SVP) erklärt, bevor der Rat sich um ein Postulat „Aktive Suche für Wohnraum für Flüchtlinge“ der SP kümmert. Die Postulantin habe Probleme mit dem Zug, deshalb sei sie nicht hier. Peter Bohnenblust (FDP) sieht eine Kantonsaufgabe darin, der Gemeinderat sei eben auch schon aktiv geworden und die Präzisierung zur Liegenschaft hätten wir ebenfalls bekommen. Dass Christoph Grupp (Grüne) mit der Abschreibung einverstanden ist, kann gegenüber der SP als Retourkutsche für das verpasste Vizepräsidium AGGLOLac interpretiert werden. Dann kommt Alain Pichard (GLP), es reiche nicht, nur mit dem Herz zu entscheiden, manchmal sei auch denken günstig. Die Flüchtlinge könne man schon unterbringen, das sei keine Kunst. Aber die Integration in den Arbeitsmarkt sei schwierig, 83% der Asylbewerber würden Sozialhilfebezüger. Kann sich Biel das leisten? Wenn der Tatbeweis kommt, dann ziehen gerade die weg, die jetzt vom Helfen reden, oder sie nehmen ihre Kinder aus der öffentlichen und stecken sie in eine private Schule. Starker Tobak! Erlebte ich leider auch so. Wo ist aber der Journalist der Weltwoche?  Dann kommt Anna Tanner (SP), die nicht mit dem Zug sondern beim Arbeiten Probleme habe. Sie ist nicht zufrieden, weil der Gemeinderat nicht auf Lesbos und der Balkanroute interveniert. Deshalb dürfe auch nicht abgeschrieben werden. Martin Wiederkehr (SP) liest unseren KMU die Leviten. Die Bieler täten einfach viel zu wenig, im Emmental sei man besser. Die Antwort ist also ein Bericht und das Postulat ist abgeschrieben.

Die letzte Interpellation von Mélanie Pauli (PRR), die nach der Politik der Stadt Biel bezüglich der Anwesenheit der Fahrenden fragt. Sie spricht damit das grundlegende Problem an, dass die Gemeinde sie offenbar nicht wegbringt, selbst wenn ihr Verhalten untragbar wird. Das passt dann Urs Scheuss (Grüne) nicht. Die Fahrenden würden gejagt, die hätten keine Plätze, warum unternehme der Gemeinderat dagegen nichts. Was haben denn diejenigen für Rechte, die jeden Tag hier leben und Steuern bezahlen? Patrick Fischer (Eidgenossen) bleibt erstaunlich gefasst, als er dem Grünen die Leviten liest. Er zittert am ganzen Leib vor Anstrengung, die ihn das Halten der Contenance kostet. Das kommt nicht gut, es werden die üblichen Beschuldigungen und Verdächtigungen geäusssert und Scheuss steht wieder auf. Er sieht sich bestätigt und fordert die Unterstützung. Christian Löffel (EVP) ist schockiert über die erste Rede des Grünen: „Wenn das die Politik ist in Zukunft, dann haben wir das Geschenk.“ Es sei nicht der Gemeinderat alleine, das müsse im Kanton gelöst werden und werde schon angegangen. Die Grünen ihrerseits sind noch nicht ausgeschossen, Andreas Bösch tritt auf. Er stört sich daran, dass nach der Frage nur repressive Massnahmen aufgelistet würden. Repression müsse gemacht werden, aber es gehe doch nur mit einer allgemeine Politik, die den Fahrenden auch etwas bieten würde. Zum Schluss dankt Beat Feuer (SVP) für die Diskussion, erklärt die Zuständigkeiten und wiederholt, was der Gemeinderat schon getan habe.

Schliesslich wird Fatima Simon verabschiedet, die den Platz jüngeren überlässt und uns einen offenen, toleranten Blick wünscht.

Rücktritt aus der Spezialkommission zu den Gemeinderatslöhnen

Gestern Abend habe ich dem Ratspräsidenten meinen Rücktritt aus der Spezialkommission «Totalrevision Personalreglement und Lohnsystem» erklärt. Einerseits muss die SVP in der Kommission vertreten sein. Andererseits trete ich möglicherweise zu den Gemeinderatswahlen im nächsten Jahr an. Da wäre es stossend, wenn ich eine aktive Rolle bei der Bestimmung der Gemeinderatslöhne spielen würde. Trotzdem wird hier eine nicht ganz abwegige und neue Idee dazu präsentiert.

Mit der Wahl von Peter Bohnenblust in diese Kommission hat die FDP ihr Gewicht im Stadtrat – ein Fünftel aller Sitze – ausgereizt. Jetzt ist mit dem Übertritt von Pascal Bord zu den Freisinnigen erstens die SVP nicht mehr in der Kommission vertreten. Das ist gerade die Partei, deren Juniorpartner eine Senkung der Gemeinderatslöhne fordert. Zweitens darf die FDP die Verantwortung für dieses Geschäft nicht alleine übernehmen und das würde sie mit dem Kommissionspräsidium und zwei Sitzen. Dies umso mehr als die Linke die Kommissionsarbeit bisher nicht unterstützte, trotzdem die Kommissionsmehrheit keine harte Linie fuhr. So lehnte die Kommissionsminderheit den gewerkschaftlich akzeptierten Kompromiss zum Personalreglement ab. Man war oft mehr an unverständlicher Profilierung als an konstruktivem Konsens interessiert. Wenn diese Gruppe bei den Gemeinderatslöhnen wieder in die gleiche Richtung marschiert, dann droht der politischen Kultur in Biel wiederum Böses. Dann sind die Freisinnigen mit ihrer überproportionalen Präsenz in der Kommission diejenigen, die mit wehenden Fahnen untergehen. Dazu besteht wenig Lust.

Jetzt kann man sich fragen, welcher Freisinnige zurücktritt. Peter Bohnenblust, weil er als Letzter gekommen ist? Pascal Bord, weil er als Vertreter einer andern Partei gewählt wurde? Nein, es ist an mir zurückzutreten. Einerseits hatte ich einen erheblichen Anteil am Erfolg des Personalreglementes, mein Beitrag ist konstruktiv geleistet. Andererseits stehe ich im nächsten Jahr für die Gemeinderatswahlen bereit, wenn meine Partei will. Das ist ein Grund, hier nicht weiter über meinen vielleicht zukünftigen Lohn zu streiten.

Es gibt übrigens einen innovativen Ansatz bezüglich Gemeinderatslöhnen. Der geht so: Gemeinderäte sind Diener der Stadt. Deshalb müssen sie im Lohnsystem der Stadt sein, eine halbe oder ganze Klasse über den Chefkadern. Und sie müssten eingestuft werden wie diese. Dann hätten sie in den meisten Fällen sogar weniger als 200‘000 Franken Lohn und das erst noch abhängig von ihrer Erfahrung und ihrem Können. Wenn wir aber einmal eine richtig erfahrene Top-Frau als Gemeinderätin bekämen, hätte die auch mehr Lohn. Das wäre richtig und fair. Zu kompliziert sei das, höre ich. Überhaupt nicht, denn so verfahren wir mit allen Angestellten der Stadt. Wieso also nicht mit Gemeinderäten? Gemeinderäte sind die obersten Kader der Stadt. So sollen sie auch behandelt werden.