Rechnung und Geschäftsbericht 2015

Es ist der zweite Abend Stadtrat in dieser Woche. Ein bisschen harzig fängt die Debatte über die Rechnung 2015 an, etliche Stadträtinnen und Stadträte fehlen zu Beginn. Joel Haueter weist als Fraktionssprecher der SVP auf die Schuldensituation hin, Nathan Güntensperger preist die Konstanz und Wichtigkeit der glp und Urs Scheuss kann es nicht lassen, sich über die Ratsrechte zu beschweren. Stefan Kaufmann erklärt die Position unserer Fraktion und schliesst mit dem Sanierungsprogramm von Rom, das bei etwa 5000 Franken Schulden pro Kopf nahe am Konkurs steht und ein einschneidendes Sparprogramm beschlossen habe. In Biel sind es 13’000 Franken pro Kopf…

Dana Augsburger hätte gerne gestern schon die Eintretensdebatte gehabt und liest deshalb die Rede ihres Fraktionssprechers der SP ab, der heute nicht da ist. Sie findet, in der NHS-Debatte hätten wir über zu kleine Beträge gestritten, denn die unbeeinflussbaren Effekte in der Rechnung seien wesentlich grösser als das, was mit schmerzhaften Reduktionen z.B. bei der Schwanenkolonie oder der Dargebotenen Hand gespart werden wolle. Es gehe nicht um Steuererhöhung versus Leistungsabbau sondern um die Erschliessung neuer Potenziale. Danach kommen Einzelsprecher.

Was lässt sich sagen über das Geschäft? Die Jahresrechnung schliesst besser ab, als budgetiert wurde. Es ist grundsätzlich positiv, wenn die Ausgaben im Personal- und Sachaufwand nicht überschritten werden. Da geht der Dank an die Verwaltung, die das Budget gut aufgestellt und sich unter dem Jahr diszipliniert verhalten hat. Die Rechnung ist die letzte nach den alten Vorschriften. Es stellt sich die Frage nach der Aussagekraft. Die Finanzkennzahlen sind alle besorgniserregend. Die Beschlüsse der Haushaltsdebatte werden erst ab 2018 wirklich greifen. Wir haben in der Stadt eine sehr hohe Schuld.

Die Spezialfinanzierungen wurden schon teils reduziert. Per 01.01.16 werden einige als Eigenkapital erscheinen. Die 3.4 Mio Asylwesen wurde aber um 1.4 Mio. reduziert, entgegen dem Beschluss des Stadtrates. Wie will der Gemeinderat das korrigieren? Das sei ein Rechnungsfehler. Er hat unter dem Strich keinen Effekt, da nichts ausgegeben wurde. Der Stadtratsbeschluss wurde unter falscher Voraussetzung gefasst.

Zuletzt erklärt Silvia Steidle sichtlich zufrieden die Rechnung, dann antwortet sie auf Fragen und kann die Annahme konstatieren.

Der Geschäftsbericht wirft keine grossen Wellen. Auf meine Frage, ob Karton kein Wertstoff sei, kündigt die zuständige Baudirektorin, er werde ab nächstem Jahr kostenlos eingesammelt…

Reglement Wohnbaugenossenschaften unter Dach und Fach

Das Reglement über die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus steht heute Mittwoch, 29.06.16 im Stadtrat. Was meine Haltung ist und wie der Stadtrat entscheidet.

Vorab: Es gibt auch freisinnige Wohnbaugenossenschaften und es ist der Mittelstand, der mehrheitlich in Genossenschaftswohnungen lebt. Über die Wohnbaugenossenschaften stand an dieser Stelle schon einmal etwas in diesem Sinne. Genossenschaften sind also ganz grundsätzlich etwas Gutes. Sie wirken stabilisierend auf die Stadt.

Hingegen geht es um Gemeinnützigkeit und nicht um sozialen und ökologischen Wohnungsbau. Wenn die Stadt also die Genossenschaften unterstützen will, dann muss sie gute Rahmenbedingungen schaffen, faire Baurechtszinsen setzen und sie allenfalls im Betrieb dadurch unterstützen, dass sie Leistungsverträge abschliesst, wenn die Wohnbaugenossenschaften soziale und ökologische Ziele verfolgen, die politisch gewollt sind. So hat Casanostra zum Beispiel zwei Leistungsaufträge der Stadt.

Direkte Unterstützung ist möglich, wenn sie eine beschränkte und zurückzahlbare Starthilfe darstellt. Das kostet die Stadt unter dem Strich nichts, hilft aber beim Auf- oder Ausbau einer Wohnbaugenossenschaft. Die Bevorteilung der Wohnbaugenossenschaften muss aber genau abgewogen werden. Schliesslich sollte die Genossenschafterin nicht wesentlich besser gestellt sein als eine Wohnungseigentümerin.

Zu weit gehen aber zwei Dinge: Eine Fachkommission einzusetzen ist meines Erachtens unnötig. Die Fachleute beider Seiten – der Stadt und der Wohnbaugenossenschaften – können auch ohne bezahlte Kommission funktionieren. Zweitens darf sich die Stadt nicht aktiv als Miteigentümerin der Genossenschaften auftreten. Zum Glück ist Art. 4 des Entwurfs eine Kann-Formulierung, also ist Abs. 2 Bst. c dieses Artikels sicher nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

Noch ein Wort zur Nachhaltigkeit der heutigen Beschlüsse. Der Stadtrat entscheidet mit dem Reglement auch für zukünftige Generationen, wenn die Regeln zur Festsetzung des Baurechtszinses beschlossen werden. Wir dürfen also weder in die eine noch in die andere Richtung übertreiben.

Wie läuft die Debatte zum Reglement? Der Präsident von Casanostra erklärt Darlehensmöglichkeiten, redet von tiefem Risiko und will die Stadt Biel richtig in die Pflicht nehmen. Die Auflagen der Genossenschaften sind hoch, der Marktwert einer Parzelle unter diesen Bedingungen sei eben tiefer. Alfred Steinmann sagt richtigerweise, dass viele der Genossenschaften schon alt sind. Das Eintreten ist unbestritten. Silvia Steidle bezeichnet die Stadt als Vizechampion in Sachen Wohnbaugenossenschaften hinter Zürich und zeigt auf, warum sie gerade jetzt auch das Reglement begrüsst. Genossenschaftswohnungen seien nicht grundsätzlich Sozialwohnungen. Und der Kauf von Grundstücken durch die Stadt diene den Zielen der Stadtentwicklung.

Dann geht es in die Einzelberatung. Dem Kompetenzzentrum gemeinnütziger Wohnungsbau des Regionalverbandes Bern-Solothurn wird kein Mandat zur Koordination zwischen Stadt und Genossenschaften erteilt, wir vertrauen auf die Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt. Zinslose Darlehen werden nicht gewährt. Die Verzinsung von Darlehen wird so angesetzt, dass sie für die Stadt kostenneutral ist. Der stadträtliche Leitentscheid ist selbstverständlich die Streichung eines einzelnen Buchstabens: Das n fällt mit grosser Mehrheit, nur für die Schönheit, ohne weitere Wirkung…

Der Stadt wird die Beteiligung an gemeinnützigen Wohnbauträgern untersagt, sie darf auch nicht in den Vorständen Einsitz nehmen und sich so direkt engagieren. Allerdings dürfen Grundstücke weiterhin ohne Ausschreibungs- und Einladeverfahren weitergegeben werden, denn es gibt Situationen, in denen dies eine unerhörte Bürokratielast darstellt. Später geht es um Berücksichtigung von Leistungen im öffentlichen Interessen bei der Festlegung des Baurechtszinses. Das wird abgelehnt. Hingegen können die Linken beim Verkehrswert punkten, der sich an den Anlagekostenlimiten des BWO orientieren soll. Bezüglich Zinslosigkeit in den ersten Jahren ist sich der Rat zunächst uneins. Die Müdigkeit wird kurz nach zehn Uhr greifbar. Ein flammendes Votum hält Bernhard Leuenberger für den gemeinderätlichen Vorschlag. Der Rat folgt ihm grundsätzlich, beschränkt hingegen die Zeit auf fünf Jahre.

Dem Reglement wird zugestimmt, die Initiativen abgeschrieben.

Der Ratspräsident hat heute Mühe, die Verhandlung zu leiten. Die Ratssekretärin steht ständig neben ihm und aus Gemeinde- und Stadtrat kommen immer wieder Hinweise, wie das Verfahren sei. Da darf man sich nicht vorstellen, was während der Budgetdebatte geschehen könnte.