Sozialkommission – Eingeständnis der Unfähigkeit

Fast schon heimlich hat der Gemeinderat beschlossen, den Sozialdirektor durch eine Sozialkommission zu schützen. Warum dies zu erwarten war und warum es ebenso falsch wie hilflos ist.

Sozialhilfe geht uns alle an. Spätestens seit Panini-Bildchen im Schweiz Aktuell von SRF zum unwidersprochenen Menschenrecht geworden sind. Wir wollen, dass jeder in der Schweiz ein Dach über dem Kopf und zu essen hat. Wir wollen, dass alle Kinder die Chance der Bildung bekommen. Wir wollen aber nicht, dass es sich auf Kosten des Staates gut leben lässt. Deshalb muss auch Nein gesagt werden. Dieses Nein zu vertreten braucht breite Schultern.

Der Gemeinderat stand also vor einem Problem. Die Wählerschaft seiner Mehrheit wehrte sich gegen eine Reihe zumutbarer Massnahmen in der Sozialhilfe. Verständlicherweise, wird das Leben für einen Teil von ihnen doch anstrengender. Die Massnahmen aufheben, das ging nicht. Denn einerseits entscheidet die Sozialdirektion in diesem Punkt selbst. Andererseits ist  die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr bereit steigende Kosten und Sozialhilfequoten hinzunehmen. Also setzt man eine neue Behörde ein (vgl. Bieler Tagblatt vom 03.09.16, Seite 5 und die einschlägige Vorstossantwort). Eine Fachkommission, die in Zukunft darüber entscheidet, ob Missbrauch stärker angegangen, Selbstständigkeit mehr gefördert und das Verständnis für Unlust zur Arbeit gepflegt wird.

Das ist aus mehreren Gründen falsch.

Schon heute sind in der Sozialdirektion die Fachleute am Werk. Den Entscheid muss aber letztlich der Sozialdirektor fällen. Wenn er falsch ist, kann man ihn abwählen oder im Stadtrat die Sozialdirektion anders besetzen. Diese Organisation ist eine gute Sache. Das Volk und das Parlament müssen nicht jede einzelne Massnahme beschliessen, können aber die Richtung vorgeben. So gibt es kein Hüst und Hott – und doch gute Kontrolle.

Mehr Behörden heisst mehr Kosten und mehr Bürokratie. Das Gegenteil wäre nötig: Selbstständigkeit lässt sich nur mit klaren, einfachen und kontrollierten Regeln fördern.

Und dann stelle man sich vor, die Fachkommission wäre zu Beginn der Legislatur schon eingesetzt worden. Chefbeamtin Reusser hätte die Mehrheit locker kontrolliert und sässe noch heute im Sattel. Mit finanziellen Folgen.

Die Sozialkommission soll also „strategische Entscheide“ fällen. Ausser der Frage, was denn strategisch ist, nähme Wunder, warum der Gemeinderat seine Aufgabe nicht mehr machen will und sich trotzdem zur Wiederwahl stellt?

Vielleicht kann er nicht strategisch agieren? Wenn der Gemeinderat die Fachkommission einsetzen will, geht er den Weg weiter, den er gegangen ist: Den Sozialdirektor kalt stellen. Das mag aus der Sicht des Gemeinderates bei den beiden letzten Sozialdirektoren Sinn machen. Aus der Optik der Wählerinnen und Wähler aber ist das falsch. Denn es schiebt die politische Verantwortung in ein Fachgremium und entzieht es der Kontrolle: Gemeinderäte können ersetzt werden, Fachgremien bleiben demokratisch unkontrolliert.

 

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