Budget 2017 – Alle Jahre wieder

Warum das Budget auch diesmal nicht ausgeglichen ist, wie das übliche Beruhigungsmittel wieder wirken wird und warum die Schulden zulasten unserer Kinder und Kindeskinder immer grösser werden.

Gleich zu Beginn wird es an diesem 13.10.16 in der Budgetdebatte des Bieler Stadtrates etwas unsicher: Die GPK-Sprecherin zweifelt ernsthaft daran, dass das trickreich ausgeglichen erstellte Budget auch eingehalten werde. Die Umsetzung der 55 im nächsten Jahr wirksamen Massnahmen der NHS-Debatte sei fraglich.

Sicher ist hingegen, dass die Schulden eine Zeitbombe sind. Die Stadt Biel kann für alle Investitionen keine eigenen Mittel mehr einsetzen, sie lebt damit vollständig auf Pump. Das ist jetzt bei den tiefen Zinsen kein wesentliches Problem. Aber es ist eine Zeitbombe: Genau dann, wenn durch anziehende Inflation und steigenden Zinsen mit gleichzeitig nur langsam steigenden Löhnen und Steuereinnahmen Arbeitsplätze und jeder einzelne unter Druck geraten, wird die Stadt ein grösseres Defizit einfahren. Sie wird also in der Krise handlungsunfähig bleiben.

Das Budget wird ausgeglichen sein, wenn aus einer Spezialfinanzierung 9.7 Mio. entnommen werden. Ob diese Entnahme stattfindet oder nicht, ändert an den Ausgaben und Einnahmen gar nichts. Sie ist nur ein Beruhigungsmittel, weil die Bevölkerung ein Budget mit realistischen 9.7 Mio. Defizit nie annehmen würde. Um dies zu zeigen, beantragt unsere Fraktion, die Entnahme nicht ins Budget aufzunehmen. Das wird mit grosser Mehrheit (30 Ja zu 12 Nein) abgelehnt.

Wie kann es sein, dass mit einem sehr negativen Betriebsergebnis die Verwaltung nicht reorganisiert und Leistungen rasch abgebaut werden?

Die Finanzdirektorin und ihre Mitarbeitenden haben gute Arbeit geleistet. Der Gemeinderat werde sich auch einsetzen, dass die NHS-Beschlüsse umgesetzt oder zumindest anderweitig kompensiert würden.

In der Sozialdirektion wird weiterhin die Zahl der Mitarbeitenden erhöht, damit der erschreckend hohen Sozialhilfequote etwas entgegen gesetzt werden könne. Wir dürfen ja gespannt sein, ob dies auch Wirkung entfalten wird. In drei Jahren (2019) werde ich Bilanz ziehen.

Die Beratungen zu den einzelnen Direktionen sind gesittet und ernsthaft. Es wird erklärt und Position bezogen. Änderungsanträge gibt es, ausser dem oben erwähnten, keine.

Das Budget wird so durch den Stadtrat genehmigt.

Das ist nicht gut so. Die Stadt Biel verschuldet sich um weitere 48 Mio., der Cash-Flow verschlechter sich mit den geplanten Investitionen um 3.5 Mio. und der operative Verlust von 9.7 Mio. wird für Stimmenbürgerinnen und Stimmbürger erst auf den zweiten Blick sichtbar. Die finanziellen Probleme werden nicht angegangen und damit auf die folgende Generationen geschoben.

 

Blicken wir zum Abschluss als Beispiel umsichtiger Investitionen auf unsere Betonwüste vor dem Kongresshaus, ein Bild vom 24.08.16.

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Gesunde Ernährung – Stadtrat 12.10.16

Wie der Stadtrat über gesundes Essen redet und den Rückzug der Initiative dazu zu honorieren weiss.

Es ist wieder Stadtrat – und ja, ich habe mein schlechtes Wahlresultat einigermassen weggesteckt. Heute, 12.10.16, gibt es vor dem Budget bei ziemlich gelichteten Reihen – die FDP ist vollständig da – eine Auseinandersetzung um das Essensregelement (Reglement über die gesunde Ernährung in den städtischen Betreuungsstrukturen / Gemeindeinitiative „Für eine gesunde Ernährung“). Eigentlich würde sich das Thema ja lohnen. Aber die Vorlage des Gemeinderates kommt auf den letzten Drücker, das Parlament hat nicht wirklich Zeit, vertieft darüber zu diskutieren. Eigentlich wollte die Initiative eine gesunde Ernährung in den Kindertagesstätten, Tagesschulen und Betagtenheimen. Aber es geht auch lokales Kochen und seeländische Produkte. Ein gutes Essen ist auch saisongerecht. Das wird zwangsläufig zu viel Kohl und Kartoffeln im Winter führen, falls das Ganze nicht wie üblich nicht so streng gehandhabt wird.

Soweit so gut. Einerseits kann das viel kosten, weil Küchen sowie Köchinnen und Köche heute vor allem in den Tagesschulen fehlen. Anzuerkennen ist die Arbeit der Verwaltung, die in kürzester Zeit geleistet werden musste. Jedoch sagt das Reglement wenig bis nichts aus über die finanziellen Folgen und die praktische Umsetzung ist noch nicht durchdacht. Ferner werden Dritte von der Produktion der Mahlzeiten ausgeschlossen. Deshalb bringen die Fraktionen FDP/PRR/EVP/EDU und BDP/BVP/CVP einen Gegenentwurf zur Initiative, der einerseits die Wirkung auf die städtischen Einrichtungen einschränkt und andererseits die industrielle Produktion nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Diese Fraktionen können sich aber mit kleinen Änderungen im Reglement auch vorstellen, dieses passieren zu lassen.

Aus der Sicht der Grünliberalen sei die „kalte Linie“ (kalt angeliefert und aufgewärmt) nicht so ungünstig, wie die Initiantinnen und Initianten das darstellen. Auch die städtische zentrale Grossküche könnte ein Weg sein, aber es ist nicht klar, was diese Lösung bringt und kostet. Deshalb sollte er aus dem Reglement vorläufig gestrichen werden.

Die SP stört es nicht, dass die Kosten nicht klar sind. Es müsse nur klar sein, was wir wollen, die Finanzierung sei später zu regeln. Sie wollen auch die „kalte Linie“ weiterhin ermöglichen.

In der Zwischenzeit sind immer mehr Parlamentarierinnen und Parlamentarier gekommen. Am Rednerpult wird der Zeitdruck kritisiert. Angesicht der  vielen noch nicht abgeklärten Einzelfragen und der noch nicht erfassten Zusammenhängen, sind die Zweifel kaum auszuräumen.

Dann gehen die Fraktionen essen, hoffentlich gesund.

Danach versucht der zuständige Gemeinderat zu erhellen und zu erklären: Was wir alle wollen, sei doch gute Ernährung, die nachhaltig und lokal erzeugt wird. Auch wolle der Gemeinderat, dass die Kosten nicht explodieren, weder für die Eltern noch für die Stadt. Eine zentrale Produktion in Biel mit „kalter Linie“, das sei die Lösung. Mit dem Initiativkommitee wurde lange darüber diskutiert und so seien diese heute bereit, die Initiative zurückzuziehen, wenn das Reglement genehmigt würde. Diese Diskussion und die juristischen Abklärungen haben Zeit gebraucht. Deshalb liegt die Vorlage erst heute im Parlament, das nicht mehr Zeit zum Nachdenken bekommen habe. Auch werde es weiterhin Aprikosen geben und der Kohl werde zu günstigsten Konditionen in grossen Mengen eingekauft, gekocht und gekühlt.

Dann geht es ins Reglement. Der Antrag der Grünliberalen ist der einzige, der bleibt. Sie machen denn auch ihre Zustimmung zum Reglement davon abhängig. Das sind jeweils die interessanten Momente in den Debatten: Wie muss in den abhängigen Abstimmungen Position bezogen werden, damit den eigenen Interessen am besten gedient ist? Stefan Kaufmann fragt in Richtung Initiativkommitee, ob sie mit dieser Änderung auch zurückziehen würden. Tun sie selbstverständlich nicht. Sandra Gurtner-Oesch modifiziert am Rednerpult den Grünliberalen Antrag auf seinen Kern, womit die zentrale Küche auch von einem anderem betrieben werden könnte. Darin ist der Bieler Stadtrat schwach: Solche Lösungen sollten in der GPK oder spätestens während den Fraktionssitzungen formuliert werden. Gleichzeitig ist es aber auch eine Stärke: Auf die Beratungen wird reagiert, die Debatte kann die Meinungen verändern. Nach dem Sitzungsunterbruch wird die Änderung vorgelesen, inklusive Übersetzung, wenn auch holprig. Die Stimmung ist etwas nervös. So kommt Balzer mit einem cleveren, aber nicht umsetzenbaren Vorschlag, den er nach kurzem Schlagabtausch zurückzieht. Dann geht es Artikel für Artikel mit Abstimmungen weiter. Selbstverständlich mit dem üblichen Geplänkel um kleine Ränkezüge hinsichtlich der Inkraftsetzung.

Wer sich vor Augen hält, dass der Gemeinderat auch ohne Reglement genau dies tun könnte, müsste den Vorteil eines Erlasses mit lauter Kann-Formulierungen .

Tags darauf werden das Reglement beschlossen und die Initiative zurückgezogen. Über die Kosten werden wir wachen müssen, sie werden sicher höher sein als heute.