Theater und Sprachfrieden

Wie der Bieler Stadtrat sich scheinbar der Kulturpolitik zuwendet, über zwei Theater redet und den Sprachfrieden schützt: Die Gebäudevorlagen des lauen Abends des 21. Aprils 2016.

Der Kulturplatz Biel ist reicher möbliert als derjenige ähnlicher Städte. Heute entscheidet der Stadtrat über die Gebäude, über den Umbau des Palace und die dringliche Renovation des Stadttheaters.

Diese Investitionen sind nur wertvoll, wenn die beiden Institutionen weiterhin stark unterstützt werden.  An den Investitionen kann keine Kulturpolitik betrieben werden – und schon gar nicht Sprachpolitik.

Die Diskussion ums Théâtre Palace ist also an einem Punkt angelangt, wo die Renovation eines Gebäudes sprachpolitisches Gewicht erhält. Das Geschäft trägt einen irgendwie zwingenden Hauch. Nur die SVP wagt, wirklich dagegen aufzustehen. Ich tue es bewusst nicht. Im Gegenteil, wenn es Ihnen, liebe Romands, so wichtig ist, bin ich der erste, der Ihnen hilft. Nicht, weil ich es mir mit Ihnen nicht verderben will. Sie kennen mich aus dieser Legislatur zu gut: Wenn ich grundsätzlich dagegen bin, bin ich nicht zu bremsen. Ich würde es Ihnen also sagen. Nein, ich unterstütze Sie, weil es mir lieb ist, wenn Sie Ihre kulturelle Identität findet. Allerdings könnten wir die gemeinsam finden, sei es im Stadttheater oder im Palace. Das braucht aber Zeit, wie bereits bemerkt. Wenn also die gesetzten und überwiesenen finanziellen Rahmenbedingungen eingehalten werden, dann helfe ich gerne.

Später geht es an diesem Abend um die Renovation des Stadttheaters. Im Gegensatz zum Umbau des Foyers am Anfang dieser Legislatur ist das vorliegende Projekt für den Betrieb  notwendig. Die Massnahmen sind allesamt nachvollziehbar, auch wenn wir uns manchmal schon fragen, wie die Menschen früher ohne alle diese SIA-Normen überlebt haben. Diese armen Gestalten mussten ja selbst aufpassen. Sei es drum, das Theater wird also kindersicher, so wie wir als Staat heute öffentliche Gebäude haben wollen. Es ist auch kein gröberer Luxus drin, deshalb bleibt die Vorlage auch weit weg von einer Volksabstimmung. Fehl am Platz wäre eine Debatte über das Theater, wie weiter oben zum Palace ausgeführt. Ganz grundsätzliche Veränderungen brauchen in unserer Stadt zwölf Jahre, die können nicht durch den Stadtrat an einem Abend aus dem Stand beschlossen werden. Was selbstverständlich heraus sticht, sind die Honorare in BKP 2. Sie sind hingegen durch die üblichen Planungsansätze und die Komplexität des vorliegenden Projektes angemessen. Der Architekt zeichnet sich durch ausgesprochenen Sachverstand aus, er kennt das Gebäude und agiert geschickt.

Vor der Pause des Stadtrates wurde das erste Geschäft genehmigt und die Botschaft für die Abstimmung verabschiedet. Auch die Renovation des Stadttheaters wird mit grosser Sicherheit angenommen werden.

 

 

Volksmotion für Ausländerinnen und Ausländer?

Der Bieler Stadtrat will Ausländerinnen und Ausländern den Zugang zu seiner Traktandenliste gewähren. Sie müssen nur ein Anliegen formulieren und in genügender Zahl unterschreiben, damit der Stadtrat darüber beraten muss. Warum das keine gute Idee ist und was den Rat trotzdem dafür begeistert hat.

Das Anliegen ist sympathisch: Einer Bevölkerungsgruppe ohne politische Rechte wird ein konkretes Recht zur Partizipation gegeben.

Bevor wir ein neues Instrument einführen, müssen wir einige Fragen stellen: Welches Ziel wird erreicht? Kann dieses Ziel durch vorhandene Instrumente auch erreicht werden? Gibt es Erfahrungen mit diesem neuen Instrument? Was hätte dieses Antragsrecht für Nebenwirkungen?

Das unmittelbare Ziel ist, dass sich der Stadtrat verbindlich mit Anliegen der nicht stimmberechtigten Bevölkerung befasst. Dieses Ziel kann sie auch erreichen, indem sie eine Stadträtin oder einen Stadtrat sucht, die oder der gewillt ist, diesen Vorstoss einzureichen. Damit gewinnt diese Gruppe dreifach: Erstens ist klar, wer den Vorstoss hier vertritt. Zweitens gibt es für diese Gruppe keine Mindestzahl. Drittens werden Ausländerinnen und Ausländer nicht bevorzugt. Wir müssen uns also nicht überlegen, in welchem Mass das Antragsrecht die Stimmberechtigung ausgleicht, ja ausgleichen soll.

Erfahrung mit diesem Instrument hat die Stadt Burgdorf seit mehreren Jahren. Es wurde nie benutzt. Könnte es sein, dass die Ausländerinnen und Ausländer zu einer Volksmotion motiviert werden müssten? Ist es möglich, dass die Motionärin daran denkt, diese Motivation zu leisten? Mit ihren Anliegen also die unterzeichnenden Ausländerinnen und Ausländer funktionalisieren? Hoffentlich und wahrscheinlich nicht.

Bleibt die Frage nach den Nebenwirkungen. Die ist schwierig zu beantworten, Nebenwirkungen sind selten. Drei lassen sich zumindest vermuten:

Erstens sind die Schweizerinnen und Schweizer benachteiligt, sie dürfen das nicht. Das wird auch nicht durch ihr Stimmrecht oder das Initiativrecht kompensiert. Eine Diskussion hier hat eine besondere Qualität und auch besondere Auswirkungen.

Zweitens kann das Instrument zu einer grossen Frustration der Unterzeichnenden führen, wenn es je dazu kommen sollte, dass sie partizipieren wollen. Es genügt eine Abstimmung in diesem Rat und das Anliegen ist vom Tisch.

Zum Dritten würde es einigen Aufwand für die Behandlung eines Vorstosses bedeuten, den jede Einwohnerin, jeder Einwohner von Biel auch einfach einem Stadtrat oder einer Stadträtin stecken könnte. Denn dafür ist der Rat hier gewählt: Dass er die Anliegen in der Stadt aufnimmt und in diesen Saal trägt.

Deshalb sollte der Vorstoss abgelehnt werden.

Verständlich ist, dass die Motionärin nicht nur das Instrument verlangt, sondern auch noch eine Marketingkampagne fahren will. Die müsste bei der grossen Zuwachsrate der ausländischen Wohnbevölkerung regelmässig wiederholt werden. Das ist für Volksrechte übertrieben. Am Anfang steht nämlich das Anliegen. Dann müssen für das Anliegen Verbündete gesucht und ein Weg zur Debatte gefunden werden. Das ist Aufgabe des Einzelnen, das ist sicher nicht Aufgabe der Gemeinde.

Der Stadtrat hat am 25.02.16 die Volksmotion als Postulat mit 24 zu 20 Stimmen überwiesen. Die Marketingkampagne wird mit etwa 23 zu 18 abgelehnt.

Die Begründung von Lena Frank:

Biel ist eine multikulturelle Stadt. 31.5% der Einwohnerinnen und Einwohner sind Ausländerinnen und Ausländer (Stand 31.12.2014). Über 140 Nationalitäten leben in Biel zusammen. Sie arbeiten, zahlen hier ihre Steuern und tragen wesentlich zur Vielfalt und zum Wohlstand der Stadt bei. Sie sind aber von der politischen Mitwirkung nach wie vor ausgeschlossen.
Mehrere Kantone unterstützen· die politische Teilhabe; indem sie für Ausländerinnen und Ausländer das Stimm- und Wahlrecht auf kommunaler bzw. kantonaler Ebene eingeführt haben. Im Kanton Bern und seinen Gemeinden ist dies leider nicht möglich. In der Stadt Bern kann die Stimmbevölkerung nun aber darüber befinden, ob Ausländerinnen und Ausländer mit einer Motion an den Stadtrat gelangen können und so eine Möglichkeit haben, ihre Meinung einzubringen und sich am politischen Leben zu beteiligen. Durch eine solche Partizipationsmotion wird die Mitwirkung und somit die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in Biel gefördert. Bis jetzt können sie sie sich Vereinen (auch Parteien) anschliessen oder in Quartierorganisationen tätig sein, haben aber keine Möglichkeit, sich direkt an Wahlen oder Abstimmungen zu beteiligen oder via Initiativen oder Referenden die Stadtpolitik mitzugestalten. Die Partizipationsmotion wäre ein minimalstes Mittel, damit sich die ausländische Wohnbevölkerung, trotzdem ein Stück weit auf institutionalisiertem Weg Gehör verschaffen kann.

Gemeinderat in Nöten

Wie der Schlagabtausch zum Bericht zur Sozialdirektionsaffäre zahm beginnt, ein Feuerwerk sieht und nicht so richtig Fahrt aufzunehmen in der Lage ist.

Die Galerie ist namhaft besetzt, wie selten. Wird es interessant? Wie erinnerlich, gab es einige Wirren um den Sozialdirektor der Stadt Biel. Vor einem Jahr habe ich aufgehört, systematisch darüber zu berichten, die Geschichte entwickelte sich zur Teamentwicklungsveranstaltung des Gemeinderats. Das zeigt sich auch in den Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission heute (25.02.16) Abend.

Erich Fehr sass heute schon vor sieben Uhr in seinem Büro, das Blöschhaus war sonst noch dunkel. Er hat sich gut vorbereitet, redet schnell und liest ab. Im Nachhinein komme man durchaus zum Schluss, man hätte anders handeln können. Wenn er jetzt schon redet, dann versucht er das Feld zu besetzen. Das gelingt ihm offensichtlich gut. Er kündigt an, dass neun der zwölf Empfehlungen umgesetzt würden, wie der Stadtrat gestern auch schon schriftlich informiert worden ist. Der Stadtpräsident zeigt die Qualität des politisch Geprüften, seine Ausführungen sind logisch, ziemlich ruhig und gewöhnlich. Zwei Gesichter sind versteinert da vorne am Gemeinderatstisch, unbegründet, wie sich später zeigen wird. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat sei besser geworden, dass sei eine gute Nachricht für die Bevölkerung.

Max Wiher fordert auf, auf eine weitere Schlammschlacht zu verzichten. Das wird auch geschehen, kaum jemand hat Lust dazu.

Maurice Paronitti, in gewohnt eloquenter Natur, für unsere Fraktion, spricht vom Malaise, das in der Sozialdirektion und dem Gemeinderat geherrscht habe. Es sei ruhiger geworden und man stelle fest, dass die nötige Zusammenarbeit wieder stattfinden. Trotzdem dürfen die Augen nicht geschlossen werden. Wir sind mit der GPK nicht einverstanden, die Massnahmen des Gemeinderates seien in Kenntnis der Situation damals durchaus richtig gewesen und der Sozialdirektor habe sich ja selbst beschuldigt, letztmals im Journal du Jura vom 8. Februar 2016: „C’est évident que j’ai commis des erreurs, tout comme d’autres.“

Der Grüne Sprecher stellt Führungsschwäche des Sozialdirektors fest, die nicht widerlegt worden sei. Da habe die SVP die Verantwortung nicht wahrgenommen, gute Leute aufzustellen.

Die Sprecherin der SP-Fraktion fragt sich, ob ein weiterer Bericht nicht nochmals widersprechen würde. Für sie gebe es vielleicht noch Punkte, die sie als Vorstösse bringen würden.

Es geht gesittet zu und her in unserem Parlament, die Sitzung läuft seit einer Stunde.

Reto Gugger lobt namens seiner Fraktion die Geschäftsprüfungskommission und will keine Schlammschlacht, auch er nicht. Sie werden auch keine Vorstösse einreichen, damit die Affäre zur Seite gelegt werden kann.

Adrian Dillier tritt auf und dankt der GPK, ihre Empfehlungen seien aber lauwarm. Dann geht er minutiös auf die Einzelheiten ein, widerlegt, interpretiert, empfiehlt und verurteilt. Es ist ruhig im Parlament, während er wieder „Intrige“ sagt und verschiedene persönlich angreift, jetzt sogar den Stadtpräsidenten, unmissverständlich. Sie kommen alle dran, die Intrige wird jämmerlich, die Stadt wurde in Verruf gebracht. Sie hätten politisch kriminell agiert. Stadtpräsident Fehr sei der Drahtzieher der Intrige.

Andreas Bösch legt dar, wann die GPK informiert wurde und wie sie die Aufsichtsfunktion schon früher wahrgenommen worden ist. Das sei selbstverständlich auch vertraulich.

Jetzt sind die Einzelsprecher dran. Sie sind bedächtig, besonnen. Bis auf einen: Adrian Dillier legt nach und erinnert, wie unfair der Direktionssekretär behandelt wurde. Womit er recht hat.

Erich Fehr redet namens des Gemeinderates, bedauert die Angriffe auf Einzelpersonen der Verwaltung. Die Vorwürfe seien nicht zu belegen und zu begründen. Der Gemeinderat sei gestärkt worden. Das Votum ist kurz, danach ergreift keiner mehr das Wort.

Und die Karavane zieht weiter…

Budget 2016 – zum Zweiten und Nein.

Es ist der 24. Februar 2016 kurz nach 18 Uhr. Da sitzen sie wieder, die Stadträte und fünf Gemeinderäte. Der Innocampus ist unbestritten, da sind wir über alle Fraktionen einig. Die paar kleinen Fragen und Bemerkungen tun nicht viel zur Sache.

Und dann kommt sie, die zweite Debatte zum Budget 2016. Dass der Gemeinderat die Abstimmung anders interpretiert als ich, das ist nicht weiter erstaunlich. Das ist ideologisch begründet. Der Gemeinderat hat sich nicht für das Budget eingesetzt, allen voran konnte der Stadtpräsident keinen Einfluss auf seine Fraktion gewinnen. Erich Fehr also, der den Entwurf dieses Budgets zu verantworten hatte, weil er glaubte, wir würden angreifen. Haben wir nicht getan und den Gemeinderat, den rot-grünen, unterstützt. Damit sind wir vor dem Volk eingegangen. Ich habe Kröten geschluckt und das hat nichts gebracht.

Daraus haben die Mitglieder der Mitte-Rechts Allianz der NHS-Debatte nicht alle den gleichen Schluss gezogen.

Mein Votum:

Herr Vizepräsident, Stadträtinnen und Stadträte
Entgegen dem Stadtrat Hamdaoui glaube ich nicht, dass das Volk als Geisel genommen werden kann. Es ist souverän, wählt und stimmt ab. Es spielt, wie ich in der Jugend auch, gerne Eile mit Weile. Es hat diesen Gemeinderat und diesen Stadtrat gewählt und muss manchmal korrigieren. Das hat es getan. Wir versuchen, das Zeichen zu lesen und tun das aus unserer je eigenen politischen Perspektive. Hier ist meine Interpretation des Abstimmungsresultates.
 
Fakten. Hätten 9% mehr der ersten Variante (ein Zehntel Steuererhöhung) zugestimmt, wäre sie angenommen worden. Der zweiten Variante (eineinhalb Zehntel) fehlten 21%.
 
Auch in der Stichfrage zeigt sich dieses Bild: Im Verhältnis 2:1 wird der kleineren Steuererhöhung der Vorzug gegeben. Daraus lässt sich eines leicht ableiten: Keine Steuererhöhung!
 
Allerdings haben nur 30% an der Abstimmung teilgenommen. Den Übrigen ist es einerlei, ob die Stadt ein Budget hat oder nicht.
 
Dem Stadtpräsidenten, der Baudirektorin, dem Sozialdirektor und dem Schuldirektor offenbar auch. Wobei, dem Beat Feurer seine SVP-Fraktion hat das Budget unterstützt, trotz Steuererhöhung und auch gegen ihren Willen. Ganz im Gegensatz zur Barbara Schwickert, ihre Grüne Parteikolleginnen und Parteikollegen haben an vorderster Front für ein doppeltes Nein zum Budget des Gemeinderates und damit auch ihrer Gemeinderätin kämpften. Dass Gemeinderat Némitz sich nicht für die Finanzierung von Kultur und Schule einsetzte, mag mit viel gutem Willen verständlich sein. Dass aber Stadtpräsident Fehr die Finanzdirektorin Steidle alleine kämpfen liess und seiner Fraktion keine Zustimmung zur Steuererhöhung abringen konnte, das wäre in der Ära Stöckli nicht vorgekommen. Der Stadtpräsident findet, es sei Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren und das Departementalprinzip müsse hochgehalten werden. Ich finde, er hätte sich in seiner Fraktion wirkungsvoll einsetzen können. Sie haben also alle an sich selbst gedacht, sie wollen von ihren Leuten wiedergewählt werden. Das ist verständlich.
 
Und so ist auch das vorliegende Budget verständlich. Keine der Massnahmen, die zur Verbesserung geführt haben, verlangte einen unangenehmen Entscheid. Man kann es schönreden oder aus Angst zustimmen. Man kann die Last des Personals, und das tut mir wirklich leid, als Grund nehmen. Ich kann das nicht. Ich sehe kein Budget mit dem Willen, das strukturelle Defizit wirklich anzugehen. Kein Wille, die Schulden heute zu vermeiden, denn das sind Lasten auf den Schultern unserer Kinder. Keine Voraussicht, was mit der Unternehmenssteuerreform droht, ausser der flapsigen Bemerkung, es wäre ungerecht, wenn wir Privaten das Loch alleine stopfen müssten. Das werden wir aber. Entweder direkt oder über die Arbeitslosenkasse und die Sozialhilfe, und das tut weh.
 
Nein, den zusätzlichen Ausgaben kann nicht zugestimmt werden. Der Steuererhöhung unter diesen Umständen auch nicht, denn jetzt muss dieser Rat und muss der Gemeinderat erst einmal zeigen, dass er nicht einfach kreative Einnahmepolitik und steigende Belastung will, sondern eine verantwortungsvolle Haushaltpolitik.
 
Im Bewusstsein der Diskussionen in den Fraktionen und im Bewusstsein, dass das drohende Notbudget und die wenig fruchtbare Zeit ohne Budget die nötigen Ja-Stimmen an der Urne generieren werden, werden von den Gegnern keine Änderungsanträge gestellt.
 
Ich bin nicht zufrieden. Ich lehne das vorliegende Budget ab.“
Die Diskussion wird durch einen Ordnungsantrag abgeschlossen, die Finanzdirektorin präsentiert ihre Überlegungen, launig und versöhnend. Meine Überlegungen, legt sie dar, brächten nicht, zurückblicken auf die Abstimmung sei unsinnig. Jetzt schon, Silvia Steidle, jetzt und in deiner Rolle sicher. Dann führt eine Intervention auf ein Zurückkommen auf die Rednerliste. Peter Bohnenblust zeigt unsere Kompromisse in NHS und erster Budgetdebatte. Was Silvia Steidle provoziert, nochmals darauf zu bestehen, dass jetzt die Vergangenheit liegen gelassen werden soll. Niklaus Balzer weist darauf hin, dass meine Forderung nach keiner Steuererhöhung insofern falsch sei, als dass damit die Schulden nur noch wachsten würden. Ja, das ist so. Allerdings ist eine Bedingung gesetzt: Zeigt den Willen zu Einschnitten! Auch die nächsten Votanten nehmen meine Argumente auf und widersprechen.
Nach der Pause wird es mit den Direktionen weiter gehen und das Budget schliesslich ans Volk überwiesen werden.

Neumarktplatz – der Kampf um die Botschaft

Der Abstimmungskampf um den umstrittenen Neumarktplatz wird im Stadtrat an der Abstimmungsbotschaft geführt. Der Rat wird zur Redaktionskommission und bestimmt, dass der Neumarktplatz nicht zu den wichtigsten Bieler Plätzen gehört sondern nur zu den wichtigen.

Angefangen hat die Stadtratssitzung vom 21.01.16 mit einer Fraktionserklärung der Grünen, die im Wesentlich den schlechten Stil in der Auseinandersetzung um den Neumarktplatz anprangerte. So wundert es nicht, dass schon die ersten Sprecher sich in den Kampf werfen. Allerdings äusserst gesittet. Der Ton bleibt respektvoll, die Niederlage voraussehbar und die Korrekturen nicht ganz so weitgehend, wie zunächst verlangt. Peter Bohnenblust geht überlegt zu Werk und erreicht damit einiges. Er beginnt so: Der Text des Referendumskomitees könne nicht verändert werden, weil Art. 54 Abs. 3 des Gesetzes über die politischen Rechte bestimmt, dass nur ehrverletzende, zu lange oder krass wahrheitswidrige Teile gestrichen werden könnten. Falls der Stadtrat etwas ändern wolle, müsse dies die Aufgabe einer Redaktionskommission sein. Auch eine Ergänzung komme nicht in Frage, wenn das Argument nicht schon in der Debatte des Geschäftes vor fünf Monaten genannt wurde.

Folgt die Detaildebatte der Änderungsanträge, über weite Strecken unversöhnlich und entlang der üblichen Grenzen. Der Ratspräsident erklärt, dass die Redaktionskommission wohl nach der Sitzung tagen müsse. Aber die gibt es nicht. Die Pause wird hüben und drüben gebraucht, den Stadtrat zur Entscheidungsreife zu bringen.

Danach wissen wir:

  1. Der Neumarktplatz gehört nicht zu den wichtigsten Plätzen sondern nur zu den wichtigen.
  2. Nicht alle Anstösser des Platzes finden das Projekt gut.
  3. Das Wort „noch“ ist bedeutungsvoll, fett wird abgelehnt und die Meinung des Referendumskomitees ist als solche zu bezeichnen, denn es handelt sich nicht nur um ihren Standpunkt.
  4. Die Mehrheit des Rates beträgt 30 Stimmen und will den Neumarktplatz erneuern.
  5. Die Minderheit zählt 25 Stimmen und enthält sich von Zeit zu Zeit.
  6. Der Neumarktplatz ist für die Mehrheit (SP, Grüne, Grünliberale und EVP) vordringlicher als die Sanierung der städtischen Schulhäuser.

So geht der Neumarktplatz ans Volk, das mit 2.6 Mio. Franken der Stadt auch noch 2.2 Mio Franken des Kantons dafür ausgeben kann.

Personalien, Flüchtlinge und eine schnelle Sitzung

Die letzte Sitzung des Stadtrates ist kurz und doch voller kleiner Überraschungen: Ein Adventskalender, dessen Törchen sich in rascher Folge öffnen und zum Schluss ein Gefecht zwischen dem alt-neuen Grünen und einer jungen Freisinnigen mit etlichen emotionsgeladenen Beteiligten erscheinen lassen.

Die heutige (16.12.15) Stadtratssitzung beginnt winterlich düster. Wir gedenken Hervé Treu.

Dann wird Sandra Schneider (SVP) als Ersatz für mich in die Kommission gewählt, die die Löhne der Gemeinderäte diskutiert. Das geht glatt über die Bühne, die Vorarbeit war gut. Weniger glatt geht es Max Wiher (GLP), der gerne sofort für Sandra Schneider in die Kommission AGGLOLac nachgerückt wäre. Das wurde aber in den Fraktionen noch nicht diskutiert und den Grünliberalen darum vorläufig nicht gewährt, was diese auch sofort verstanden. Dann das AGGLOLac Vizepräsidium, das an Dana Augsburger (SP) geht, grossmehrheitlich. Interessant waren die Versuche im Vorfeld, die sich im Rat aber auch nicht zeigten: Die Unterlegenen sahen die Niederlage schon frühzeitig kommen und regten sich deshalb nicht.

In Biel geht eine Asylunterkunft auf. Beat Feurer (SVP) erklärt, bevor der Rat sich um ein Postulat „Aktive Suche für Wohnraum für Flüchtlinge“ der SP kümmert. Die Postulantin habe Probleme mit dem Zug, deshalb sei sie nicht hier. Peter Bohnenblust (FDP) sieht eine Kantonsaufgabe darin, der Gemeinderat sei eben auch schon aktiv geworden und die Präzisierung zur Liegenschaft hätten wir ebenfalls bekommen. Dass Christoph Grupp (Grüne) mit der Abschreibung einverstanden ist, kann gegenüber der SP als Retourkutsche für das verpasste Vizepräsidium AGGLOLac interpretiert werden. Dann kommt Alain Pichard (GLP), es reiche nicht, nur mit dem Herz zu entscheiden, manchmal sei auch denken günstig. Die Flüchtlinge könne man schon unterbringen, das sei keine Kunst. Aber die Integration in den Arbeitsmarkt sei schwierig, 83% der Asylbewerber würden Sozialhilfebezüger. Kann sich Biel das leisten? Wenn der Tatbeweis kommt, dann ziehen gerade die weg, die jetzt vom Helfen reden, oder sie nehmen ihre Kinder aus der öffentlichen und stecken sie in eine private Schule. Starker Tobak! Erlebte ich leider auch so. Wo ist aber der Journalist der Weltwoche?  Dann kommt Anna Tanner (SP), die nicht mit dem Zug sondern beim Arbeiten Probleme habe. Sie ist nicht zufrieden, weil der Gemeinderat nicht auf Lesbos und der Balkanroute interveniert. Deshalb dürfe auch nicht abgeschrieben werden. Martin Wiederkehr (SP) liest unseren KMU die Leviten. Die Bieler täten einfach viel zu wenig, im Emmental sei man besser. Die Antwort ist also ein Bericht und das Postulat ist abgeschrieben.

Die letzte Interpellation von Mélanie Pauli (PRR), die nach der Politik der Stadt Biel bezüglich der Anwesenheit der Fahrenden fragt. Sie spricht damit das grundlegende Problem an, dass die Gemeinde sie offenbar nicht wegbringt, selbst wenn ihr Verhalten untragbar wird. Das passt dann Urs Scheuss (Grüne) nicht. Die Fahrenden würden gejagt, die hätten keine Plätze, warum unternehme der Gemeinderat dagegen nichts. Was haben denn diejenigen für Rechte, die jeden Tag hier leben und Steuern bezahlen? Patrick Fischer (Eidgenossen) bleibt erstaunlich gefasst, als er dem Grünen die Leviten liest. Er zittert am ganzen Leib vor Anstrengung, die ihn das Halten der Contenance kostet. Das kommt nicht gut, es werden die üblichen Beschuldigungen und Verdächtigungen geäusssert und Scheuss steht wieder auf. Er sieht sich bestätigt und fordert die Unterstützung. Christian Löffel (EVP) ist schockiert über die erste Rede des Grünen: „Wenn das die Politik ist in Zukunft, dann haben wir das Geschenk.“ Es sei nicht der Gemeinderat alleine, das müsse im Kanton gelöst werden und werde schon angegangen. Die Grünen ihrerseits sind noch nicht ausgeschossen, Andreas Bösch tritt auf. Er stört sich daran, dass nach der Frage nur repressive Massnahmen aufgelistet würden. Repression müsse gemacht werden, aber es gehe doch nur mit einer allgemeine Politik, die den Fahrenden auch etwas bieten würde. Zum Schluss dankt Beat Feuer (SVP) für die Diskussion, erklärt die Zuständigkeiten und wiederholt, was der Gemeinderat schon getan habe.

Schliesslich wird Fatima Simon verabschiedet, die den Platz jüngeren überlässt und uns einen offenen, toleranten Blick wünscht.

Rücktritt aus der Spezialkommission zu den Gemeinderatslöhnen

Gestern Abend habe ich dem Ratspräsidenten meinen Rücktritt aus der Spezialkommission «Totalrevision Personalreglement und Lohnsystem» erklärt. Einerseits muss die SVP in der Kommission vertreten sein. Andererseits trete ich möglicherweise zu den Gemeinderatswahlen im nächsten Jahr an. Da wäre es stossend, wenn ich eine aktive Rolle bei der Bestimmung der Gemeinderatslöhne spielen würde. Trotzdem wird hier eine nicht ganz abwegige und neue Idee dazu präsentiert.

Mit der Wahl von Peter Bohnenblust in diese Kommission hat die FDP ihr Gewicht im Stadtrat – ein Fünftel aller Sitze – ausgereizt. Jetzt ist mit dem Übertritt von Pascal Bord zu den Freisinnigen erstens die SVP nicht mehr in der Kommission vertreten. Das ist gerade die Partei, deren Juniorpartner eine Senkung der Gemeinderatslöhne fordert. Zweitens darf die FDP die Verantwortung für dieses Geschäft nicht alleine übernehmen und das würde sie mit dem Kommissionspräsidium und zwei Sitzen. Dies umso mehr als die Linke die Kommissionsarbeit bisher nicht unterstützte, trotzdem die Kommissionsmehrheit keine harte Linie fuhr. So lehnte die Kommissionsminderheit den gewerkschaftlich akzeptierten Kompromiss zum Personalreglement ab. Man war oft mehr an unverständlicher Profilierung als an konstruktivem Konsens interessiert. Wenn diese Gruppe bei den Gemeinderatslöhnen wieder in die gleiche Richtung marschiert, dann droht der politischen Kultur in Biel wiederum Böses. Dann sind die Freisinnigen mit ihrer überproportionalen Präsenz in der Kommission diejenigen, die mit wehenden Fahnen untergehen. Dazu besteht wenig Lust.

Jetzt kann man sich fragen, welcher Freisinnige zurücktritt. Peter Bohnenblust, weil er als Letzter gekommen ist? Pascal Bord, weil er als Vertreter einer andern Partei gewählt wurde? Nein, es ist an mir zurückzutreten. Einerseits hatte ich einen erheblichen Anteil am Erfolg des Personalreglementes, mein Beitrag ist konstruktiv geleistet. Andererseits stehe ich im nächsten Jahr für die Gemeinderatswahlen bereit, wenn meine Partei will. Das ist ein Grund, hier nicht weiter über meinen vielleicht zukünftigen Lohn zu streiten.

Es gibt übrigens einen innovativen Ansatz bezüglich Gemeinderatslöhnen. Der geht so: Gemeinderäte sind Diener der Stadt. Deshalb müssen sie im Lohnsystem der Stadt sein, eine halbe oder ganze Klasse über den Chefkadern. Und sie müssten eingestuft werden wie diese. Dann hätten sie in den meisten Fällen sogar weniger als 200‘000 Franken Lohn und das erst noch abhängig von ihrer Erfahrung und ihrem Können. Wenn wir aber einmal eine richtig erfahrene Top-Frau als Gemeinderätin bekämen, hätte die auch mehr Lohn. Das wäre richtig und fair. Zu kompliziert sei das, höre ich. Überhaupt nicht, denn so verfahren wir mit allen Angestellten der Stadt. Wieso also nicht mit Gemeinderäten? Gemeinderäte sind die obersten Kader der Stadt. So sollen sie auch behandelt werden.