Das Geld der andern…

Biel-Bienne vom 14./15. August, Silvia Steidle gegen einen sozialistischen Kandidaten: da muss noch etwas bemerkt werden.

Es geht nicht darum, dass gefehlt hat, was der Sozialist in der Bildungsdirektion ändern würde, nämlich nichts. Also nicht darum, dass Bieler Wählerinnen und Wähler eine selbstverschuldete Misere verlängern könnten.

Sondern um die klare Haltung: Die Stadt muss bezahlen, das Geld kommt von den Reichen. (Ein Glück, dass beim Blog-Schreiben das Zügeln der Empörung viel einfacher ist als im direkten Gespräch…)

Lassen wir diese Politik einen kurzen Moment ohne Widerstand sich entfalten, bleiben aber der Einfachheit halber in der Stadt. Schliesslich dauert es etwas länger, die Einwohner/innen von Bellmund, Port, Studen, Orpund, Evilard und Tüscherz auf die Finanzierung von Hängematten aus Steuererhöhungen zu gewinnen. Erfüllen wir also dem ruhigen, überzeugten Sozialisten jeden Wunsch. Sein geschlossenen Weltbild, das demjenigen republikanischer Präsidenten in nichts nachsteht – da gut, dort böse -, liefert diese Wünsche ab Fliessband, mit einer atemberaubenden rhetorischen Konstruktion: „Auch ohne Geld kann die Stadt Anstösse liefern. Dazu muss sie geeignete Lokale zur Verfügung stellen. Im Sahligut beispielsweise ist die Küche unbrauchbar.“ Ausgezeichnet! Nicht: „Die Leute müssen sich im Quartier eben zusammenschliessen und in freiwilliger Arbeit gemeinsame Räume gestalten.“ Nein, die Stadt muss. Das ist übrigens nur ein Anstoss, ohne Geld. Steuererhöhungen? „Das liegt aktuell nicht auf dem Tisch.“ Weil es genug in der Kasse hat? Wem gehört das Geld? Wer hat es da hin gebracht?
Aber gehen wir mit ihm, ersetzen wir die Küche im Sahligut. Lassen wir die Sozialdienste die Qualität des Wohnraums überwachen. Denken wir dabei nicht, es sei die Form des „Real existierenden Sozialismus“, den Europa schon ausprobiert und Generationen damit unglücklich gemacht hat. Lassen wir den Sozialisten einfach die Freiheit der Bürger einschränken und sie fröhlich nach getaner Arbeit im kollektiv geleiteten Industriebetrieb, dessen Kunden keine Wahl haben, im Quartier die Leistungen der Stadt geniessen: Tolle Wohnungen, wunderbare Quartiertreffs und was das Herz sonst noch begehrt.

Schönheit braucht Freiheit und Selbstverantwortung.

Wer ihm so nachgeht und die schöne, kleine Welt sieht, die dahinter auftaucht, der fühlt sich geborgen. Es ist gesorgt für uns. Die Stadt ist unsere Mutter und unser Vater. Verführend.

Verführend! Kurzfristig verlassen uns die Steuerzahler. Administration kostet wesentlich mehr als private Initative und die Freiwilligkeit nimmt ab. Auch die Freiheit geht flöten. Also Steuererhöhung und weniger Geld. Weniger Entwicklung.

Kurz zusammengefasst ist das nicht die Stadt Biel, die wir wollen. Unsere Stadt Biel ist technologisch auf der Höhe, wird mit viel Eigeninitative gestaltet, wirkt unterstützend für die, die es wirklich nötig haben, mit guten und effektiven Schulen, ist schön, geachtet und stolz.

Es ist einfach, das Geld der andern auszugeben.

 

 

Stimmenfang und konkrete Politik (II)

Am Wochenende ist die Gemeinderatsliste „Bürgerliche MOTIVATION Bourgeoise“ zusammen gesessen und hat Politik diskutiert. Es ging um die öffentlichen Auftritte und die Abstimmung der Positionen. Um den Austausch von Erfahrungen. Um Gegner und Taktik.

Es lässt sich nur wenig verändern in den nächsten sechs Wochen. Was vorbereitet wurde, wird jetzt abgespielt. Wählerinnen und Wähler lesen Biel-Bienne, Bieler Tagblatt und Journal du Jura. Sie schauen kurz bei TeleBielingue hinein und lassen Canal 3 im Hintergrund laufen, werden einen Moment aufmerksam: Da hat doch die Steidle gesprochen? War das nicht Calegari?

Ich schaue lieber über die Wahl hinaus, wenn ich mich auf die Wahl vorbereite. Das hat unter anderem mit meinen eigenen Bedingungen zu tun. Wenn ich meinen Posten als Rektor verlasse, dann bin ich eigentlich wieder da, wo ich vor sieben Jahren war: auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings ein wenig älter, mit allmählich zweifelhaft werdenden Chancen. Allzu viele Sorgen muss ich mir nicht machen, weil ich zu den grosszügig Beschenkten gehöre. Als Physiker und Oekonom mit unternehmerischen Erfahrungen und Erfolgen, als Wirtschaftsingenieur mit Umsetzungnachweisen wird die Tür wohl nicht geschlossen sein. Trotzdem: Wenn ich Gemeinderat werde, will ich Wirkung und diese Wirkung zeigen können. Will vier Jahre später wieder gewählt werden. Will kooperieren, mich in Widerspruch setzen und Mehrheiten gewinnen. Will wissen, was getan werden kann, wie die Mitarbeiter/innen denken und wie wir weiterkommen können.

Also konkret Politik betreiben. Das heisst immer: Gesamtsicht und viele Massnahmen ohne Erfolgsgarantie.

Beispiel Schule:

  • Arbeit an der Front stärken, indem Schulleitungen mehr Handlungsfreiheit, mehr Mitsprache in der Organisation, direkten Zugriff auf Ressourcen, mehr Verantwortung und mehr Vertrauen bekommen.
  • Schulpolitik ist immer auch Sozialpolitik. Deshalb muss die Last auf die Agglomeration verteilt werden, indem die Sozialhilfequote gesenkt wird.
  • Die Sozialhilfequote lässt sich senken durch einen Strauss von Massnahmen, die für sich je einzeln kaum Wirkung hätten: Stärkung der Mitarbeitenden an der Front, gezielte Missbrauchsbekämpfung, Mietzinse an die Sozialhilfebezüger, konsequente Wirkungsorientierung bei der Mitfinanzierung von sozialen Einrichtungen durch die Stadt und vieles mehr.
  • Attraktiver und vielgestaltiger Wohn- und Lebensraum wird durch private Bauherren und Immobilienbesitzer gestaltet. Sie tun das umso mehr, wenn ihre Umgebung schön und leistungsfähig ist. Das geht aber auch umgekehrt: die Stadt schliesst mit ihnen schon heute fallweise einen Pakt ab: wir verbessern, wenn ihr das auch tut.
    Schliesslich ist dadurch die soziale Durchmischung besser, weil schönere Wohnungen direkt mehr Steuern erschliessen und zu weniger Sozialhilfefällen führen. Womit die Schule mehr leisten und integrativer wirken kann.
  • Verkehr ist einer der eher verborgenen Schlüssel der Schulpolitik. Er beeinflusst die Entscheidungen der Familien und damit die Zusammensetzung der Klassen. Es wäre kurzsichtig, einfach das Auto zu verbannen. Denn diese Familien brauchen das Auto, wollen es brauchen. Gleichzeitig wollen sie Ruhe vor dem Durchgangsverkehr und Sicherheit auf den lokalen Strassen.

Es gäbe noch viel mehr anzuführen, wie die Schulraumplanung, der Sport, die Kultur und die Zusammenarbeit in der Agglomeration. Als Beispiel zeigt es nur, dass ich als Gemeinderat ein riesiges Arbeitspensum und unendlich viele Dinge zu lernen hätte. Ohne Sicherheit, dass es wirklich gut geht. Eben: Gesamtsicht und viele Massnahmen ohne Erfolgsgarantie.

Würd ich gerne tun.