Stimmenfang und konkrete Politik (II)

Am Wochenende ist die Gemeinderatsliste „Bürgerliche MOTIVATION Bourgeoise“ zusammen gesessen und hat Politik diskutiert. Es ging um die öffentlichen Auftritte und die Abstimmung der Positionen. Um den Austausch von Erfahrungen. Um Gegner und Taktik.

Es lässt sich nur wenig verändern in den nächsten sechs Wochen. Was vorbereitet wurde, wird jetzt abgespielt. Wählerinnen und Wähler lesen Biel-Bienne, Bieler Tagblatt und Journal du Jura. Sie schauen kurz bei TeleBielingue hinein und lassen Canal 3 im Hintergrund laufen, werden einen Moment aufmerksam: Da hat doch die Steidle gesprochen? War das nicht Calegari?

Ich schaue lieber über die Wahl hinaus, wenn ich mich auf die Wahl vorbereite. Das hat unter anderem mit meinen eigenen Bedingungen zu tun. Wenn ich meinen Posten als Rektor verlasse, dann bin ich eigentlich wieder da, wo ich vor sieben Jahren war: auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings ein wenig älter, mit allmählich zweifelhaft werdenden Chancen. Allzu viele Sorgen muss ich mir nicht machen, weil ich zu den grosszügig Beschenkten gehöre. Als Physiker und Oekonom mit unternehmerischen Erfahrungen und Erfolgen, als Wirtschaftsingenieur mit Umsetzungnachweisen wird die Tür wohl nicht geschlossen sein. Trotzdem: Wenn ich Gemeinderat werde, will ich Wirkung und diese Wirkung zeigen können. Will vier Jahre später wieder gewählt werden. Will kooperieren, mich in Widerspruch setzen und Mehrheiten gewinnen. Will wissen, was getan werden kann, wie die Mitarbeiter/innen denken und wie wir weiterkommen können.

Also konkret Politik betreiben. Das heisst immer: Gesamtsicht und viele Massnahmen ohne Erfolgsgarantie.

Beispiel Schule:

  • Arbeit an der Front stärken, indem Schulleitungen mehr Handlungsfreiheit, mehr Mitsprache in der Organisation, direkten Zugriff auf Ressourcen, mehr Verantwortung und mehr Vertrauen bekommen.
  • Schulpolitik ist immer auch Sozialpolitik. Deshalb muss die Last auf die Agglomeration verteilt werden, indem die Sozialhilfequote gesenkt wird.
  • Die Sozialhilfequote lässt sich senken durch einen Strauss von Massnahmen, die für sich je einzeln kaum Wirkung hätten: Stärkung der Mitarbeitenden an der Front, gezielte Missbrauchsbekämpfung, Mietzinse an die Sozialhilfebezüger, konsequente Wirkungsorientierung bei der Mitfinanzierung von sozialen Einrichtungen durch die Stadt und vieles mehr.
  • Attraktiver und vielgestaltiger Wohn- und Lebensraum wird durch private Bauherren und Immobilienbesitzer gestaltet. Sie tun das umso mehr, wenn ihre Umgebung schön und leistungsfähig ist. Das geht aber auch umgekehrt: die Stadt schliesst mit ihnen schon heute fallweise einen Pakt ab: wir verbessern, wenn ihr das auch tut.
    Schliesslich ist dadurch die soziale Durchmischung besser, weil schönere Wohnungen direkt mehr Steuern erschliessen und zu weniger Sozialhilfefällen führen. Womit die Schule mehr leisten und integrativer wirken kann.
  • Verkehr ist einer der eher verborgenen Schlüssel der Schulpolitik. Er beeinflusst die Entscheidungen der Familien und damit die Zusammensetzung der Klassen. Es wäre kurzsichtig, einfach das Auto zu verbannen. Denn diese Familien brauchen das Auto, wollen es brauchen. Gleichzeitig wollen sie Ruhe vor dem Durchgangsverkehr und Sicherheit auf den lokalen Strassen.

Es gäbe noch viel mehr anzuführen, wie die Schulraumplanung, der Sport, die Kultur und die Zusammenarbeit in der Agglomeration. Als Beispiel zeigt es nur, dass ich als Gemeinderat ein riesiges Arbeitspensum und unendlich viele Dinge zu lernen hätte. Ohne Sicherheit, dass es wirklich gut geht. Eben: Gesamtsicht und viele Massnahmen ohne Erfolgsgarantie.

Würd ich gerne tun.

 

Stimmenfang und konkrete Politik (I)

Gestern waren sie wieder in der Gasse, die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer. Gaben plakativ ihre Meinungen zum Besten und hörten auch einmal einfach zu, damit sie später sagen können: ich habe dem Volk zugehört. Was hat Carla W. (Name dem Schreibenden bekannt) gehört?

Sie hat drei Stunden irgendwo zwischen Zentralplatz und Samstagsmärit ihr kleines Geschenk und einen Flyer verteilt. Weil sie respektvollen Umgang pflegen möchte, dauern ihre Wortwechsel im Schnitt zwei Minuten. Es ist auch meist mehr als eine Gesprächspartnerin, die sie politisch bedient. Seien wir richtig grosszügig: Sie hat mit 300 Leuten gesprochen. Der Hälfte von diesen Leuten hat sie gratuliert zur Entscheidung, in der Stadt einzukaufen. Sie sind hier nicht stimmberechtigt. Carla W. hat kein halbes Prozent der Stimmberechtigten gesprochen.

Oder anders: Rund 50 ihrer Gesprächsparter/innen an diesem Samstag werden wählen gehen. Weil Carla W. bekannt ist, wird sie von einem Drittel gewählt, sie hat also etwa 20 eigene Wähler/innen gesehen. Von diesen zwanzig hätten sie 18 ohnehin gewählt. Zwei hat sie überzeugt. Sie hat gleichzeitig eine Wählerin verloren, aber das weiss sie nicht.

Bei 3000 Stimmen, die sie auf ihrer Liste braucht, damit sie gewählt wird, hat Carla W. ihr Wahlschicksal am Samstag persönlich nicht beeinflusst.

Sie hat auch keine Ahnung, wie die Leute über ihr konkretes politisches Programm denken: Bei  acht Themen (Sicherheit, Verkehr, Finanzen, Soziales, Arbeitsplätze, Bildung, Sport und Kultur) mit je fünf konkreten Handlungsvorschlägen von Carla W. konnte sie in den zwei Gesprächsminuten gerade eine Massnahme ansprechen, wenn überhaupt. Sie hätte nochmals einige Minuten nötig gehabt, wenn ihr Gegenüber sie am Samstagmorgen wirklich hätte verstehen wollen.

Trotzdem war es nicht schlecht, hat Carla W. den Morgen in der Stadt beim Hinstehen für ihre Partei, sagen wir ihr FSBP (Freiheitlich Soziale Bürger Partei), verbracht:

  • Wäre ihre Partei nicht präsent gewesen an diesem Samstag, würde am 23.09. nämlich etwas Unangenehmes geschehen: Einige der Impulswähler/innen würden sich besser an die Konkurrenz erinnern.
  • Carla W. hat persönlich ihre Argumente ausprobiert und dabei festgestellt, dass sie etliche Dinge gar nicht weiss und andere Meinungen ihr durchaus auch eingeleuchtet haben. Sie ist standhaft geblieben, schliesslich waren ihre Parteikolleg/innen dabei…
  • Ganz für sich fand sie es toll, den andern Leuten etwas geben zu können und ein Lächeln, einen Ärger oder eine Hoffnung mitgenommen zu haben.
  • Sie wurde auch beobachtet. Das hat zwar nichts mit ihrer politischen Einstellung zu tun, bringt aber trotzdem Stimmen…

Strassenaktionen sind wichtig für die Politiker/innen. Vor zwei grundsätzlichen Fehleinschätzungen müssen wir Carla W. (Kandidatin FSBP) hingegen warnen:

  1. Du hast „das Volk“ nicht kennen gelernt, es waren schlicht zu wenige, zu wenig Zeit und zu viele Themen.
  2. Du hast dein persönliches Schicksal am Wahltag nicht wesentlich beeinflusst.

Viel Glück bei der Wahl, Carla W.!

Wahlkampf in der Gasse

Heute geht es an die Nidaugasse zwischen Bata und Coop. Flyer verteilen und mit den Leuten sprechen. Es ist der zweite Strassenauftritt von mehreren.
In dieser Woche bin ich verschiedentlich angesprochen worden auf den Wahlkampf, auf die Konkurrenten, die Chancen und die Aktivitäten. Auf die Positionen, die Angriffslust in den Medien und den Respekt vor dem politischen Gegner.
Meint er, was er sagt? Ja, bestimmt. Klar, in der Umsetzung wird es Abstriche geben und mit mir kann jeder reden, ich höre zu, so gut es geht.
Aber ja:

  • Es gibt zu viele Illegale und zu viele Probleme mit den Fremden in dieser Stadt.
  • Die Polizei muss gezielt eingesetzt werden, damit es der Stadt dient.
  • Die unglaubliche Sozialhilfequote muss sinken. Das ist möglich.
  • Es soll mehr Verantwortung und Handlungsspielraum für die Schulen geben.
  • Schulraumplanung und Finanzen im Bildungsbereich dürfen nicht mehr mit Wursteln verbraten werden.
  • Der Verkehr muss fliessen, damit das Gewerbe und die Industrie leben können. Öffnen und Durchgänge schaffen! Intelligent steuern. Ohne ideologische Scheuklappen.

Übrigens stehe ich auch dazu, dass der Schuldirektor seine Aufgabe schlecht erledigt hat. Das kann lässt sich um Welten besser machen.

Smartvote? Aber sicher.

Angefangen hat alles damit, dass ein Grüner fand, smartvote dürfe die Parteien nichts kosten. Er hat den Preis von 80 Franken pro erreichtem Sitz auf 50 senken können. Gute Arbeit, danke.

Aber das war ihm zu wenig. Hinzu kam, dass die rot-grüne Allianz funktionierte. Die SP Biel will auch nicht.

Wir wollen. Weil Transparenz für die Wählerinnen und Wähler wichtig ist. Und weil wir froh sind, dass smartvote unabhängig bleibt. Seine Finanzierung ist vernünftig und es steckt viel freiwillige Arbeit dahinter, wie in ihrer Finanzierungserklärung zu lesen steht.

Gebt euch einen Stupf, nehmt teil! Das ist kein Betrag, aber ein wesentlicher Beitrag zur Meinungsbildung.

Ach ja, noch was: Es ist Wahlwerbung.