Zurückgewiesen. Der Stadtrat hat das Geschäft deutlich an den Gemeinderat zurückgegeben. Am Abend danach bei der Premiere von Rigoletto war ich wohl der einzige der Rückweisenden, der die Kritik und das Lob eingesammelt hat.
Und so war die Wortmeldung im Stadtrat vorbereitet:
„Das ist jetzt schwierig für mich. Ich liebe das Theater Biel-Solothurn und Beat Wyrsch hat als Direktor Unglaubliches geleistet. Wie kann ich da den Umbau des Foyers nicht wollen?
Die Stadt muss vorsichtig mit dem Geld umgehen, wenn sie sich stetig weiterentwickeln soll. Da gilt es etwa zwischen Wünschen, dringlichen Wünschen und Entscheidendem zu unterscheiden. Wäre das Foyer Entscheidend für das Überleben des Theaters, ich würde kämpfen wie ein Löwe. Das ist es aber nicht.
Was ändert der Umbau? In Kürze: Die Garderobe wechselt die Seite und wird einklappbar, der Schalter wird kleiner und von aussen zugänglich, das WC bekommt neue Plättli und die Theke einen Wasseranschluss. Brandschutz ist auch etwas dabei. Alles zusammen: 1.3 Mio., also etwa 100`000 pro Jahr. Das wären ungefähr 4000 Eintritte oder zwölf volle Aufführungen mehr, rechnen wir alle variablen Kosten dazu. Klar, das Geld könnte auch anders hereinkommen, das Theater müsste es erarbeiten. Würde die Vorlage lauten: Die Stadt finanziert das vor, das Theater zahlt mit Zins und Zinseszinsen zurück: Ich würde dafür einstehen.
Es sei ein Tiefschlag für die neue Truppe, wurde mir gesagt. Nun, der Stadtrat will nicht schaden. Er kann aber autonom entscheiden, damit müssen alle rechnen. Er nimmt der neuen Truppe nichts weg, er gibt einfach nicht mehr. Das Theater hatte guten Erfolg, auch ohne umgebautes Foyer. Und das Theater kann mich beim Wort nehmen: gegen Kürzungen werde ich kämpfen.
Nein, so leid es mir tut: Die Fraktion Forum lehnt die Vorlage ab, ich persönlich auch.“
Es kam am Anfang etwas zum Votum des Ratskollegen Pichard dazu, weil ich gerne im Foyer etwas trinke und mit Leuten rede.
Die Reaktionen waren zwischen gescheit und dümmlich. Etwas sei aber allen geraten: Macht mich nicht zum Feind, ich eigne mich schlecht.
Erneut eine Entscheidung der Bieler Politiker, die von der sehr beschränkten Sichtweise der Bieler Politiker (vorwiegend der bürgerlichen Fraktion) zeugt. Nicht erst seit der Ära Wyrsch hat das Theater Biel Solothurn ernen hervorragenden Ruf, insbesondere – und da liegt die Krux – ausserhalb des primären Einzugsgebietes. Es geht vergessen, dass diese Kulturinstitution inzwischen ein interessiertes Publikum aus dem In- und Ausland anzieht. Dies scheint jedoch den lokalen Politikern nicht bewusst zu sein. Doch was das Theater ausser mit seinen qualitativ hochstehenden Produktionen bieten kann, ist doch sehr bescheiden – eine somit eher zwiespältige Visitenkarte für die Region. Schaut man sich zudem die Situation hinter der Bühne an, dann kann man nur ungläubig über das Gebotene staunen! Es sei zu prüfen, was dringliche Sanierungsarbeiten seien und nur das nötigste ist zu machen. Was heisst in diesem Fall das Nötigste? Mich würde interessieren, ob die Parlamentarier die Kosten (Infrastruktur, Entschädigungen und sonstige Pfründe), die sie selber verursachen, auch auf das Allernötigste minimiert haben?
Doch wie auch generell in unserer Gesellschaft, der eigene Vorteil und die kurzfristige Wirkung ist entscheidend (nicht das Wohl der Allgemeinheit und die Nachhaltigkeit). Den Blick über den Tellerrand wagt keiner zu werfen, denn dann müsste sich jener mit allen Aspekten einer Sache auseinandersetzen (über das eigene Wissen und Parteibüchlein hinweg).
Langsam, langsam, Philipp Jandl!
Auch ich finde, dass aus dem Foyer erheblich mehr gemacht werden kann. Mit einfachen Mitteln, nicht mit so viel Geld. Als Fan von Beat Wyrsch, der wirklich Grosses erreicht hat – ich möchte nicht an der Stelle des neuen Direktors sein, wenn ich daran denke -, bin ich mir sehr bewusst, was erreicht wurde. Gerade weil ich das Bieler Theater seit vier Jahrzehnten genieße, fällt es mir schwer, in meiner zweiten Sitzung im Stadtrat gegen ein Vorhaben für das Theater Stellung zu nehmen. Aber es geht eben um mehr. Es geht um gesunde Finanzen der Stadt. Nur wenn wir langfristig bei moderaten Steuern einen ausgeglichenen Haushalt haben, können wir uns das Theater leisten. Deshalb musste ich gegen mich selbst entscheiden: Nein, fürs Foyer gibt es kein Geld.
Links und Rechts würde ich daraus auch nicht machen wollen. Denn das Theater steht wohl nicht auf der einen oder andern Seite. Weder bestimmt die Linke was Kultur ist, noch zertritt die Rechte mit Fleiß die Blumen. Und das Parteibüchlein, das müsste für mich persönlich noch erfunden werden: ich hatte noch nie eines und werde bis zu meinem Tod auch keines haben.
Dann noch zu den Pfründen: da haben ganz wenige der Bürgerlichen der Stadt Biel etwas von ihrem politischen Engagement. Auf der Linken sieht es schon ganz anders aus, wie wir wissen und wie in diesem Blog schon bald zu lesen sein wird. Mit ganz konkreten Beispielen des roten Filzes. Für mich bedeutete Politik in dreißig Jahren erheblichen Aufwand und höchstens ideellen Gewinn. Dabei lasse ich mich von Zielen leiten, die weit über die Zeit meiner politischen Aktivitäten weisen. Von kurzfristigen Wirkungen kann nicht die Rede sein.
Das Ganze ist eben nicht so einfach, wie wir das gerne hätten, nicht nur Gut und Böse…