Eintreten beschlossen und erste Beschlüsse (Sparen in Biel – Saison 2015, Folge 6)

Es brauchte 2.5 Stunden Ratszeit, damit Eintreten beschlossen wurde. Rechts wie links wird nicht bestritten, dass es ernst ist.

Der Stadtpräsident nimmt aus Kaufmanns Votum die katastrophale Kommunikation des BKS-Direktors zum Anlass, flapsig zu bemerken, dass schlechte Kommunikation nicht dasselbe sei wie die Kommunikation schlechter Nachrichten. Dabei ist die schlechte Nachricht klar: Die Stadt Biel lebt über ihre Verhältnisse. Die Arbeit ist kritisiert worden, nicht die Nachricht.

Bestrittene Punkte und Resultate:

1-9 Die Publikation „a propos“ wird eingestellt.

1-20 Schachfestival. Fritz Thomke findet jede Broschüre kommunikativ im Gegensatz zum Festival „ä Schyssdräck“. Die Unterstützung ist breit, 125’000 werden gesprochen, 51’000 weniger als vor zwei Jahren. Der Stadtpräsident will den ganzen Betrag streichen, gleichzeitig bedauernd, dass es dadurch in Biel nicht mehr existieren kann. Ich korrigiere meinen Fehler vom letzten Mal und stehe auf für den Gemeinderatsvorschlag. Mit 25:24 wird die Subvention beibehalten. Das lässt nichts Gutes erhoffen.

4-11 Klassengrösse. Mit Votum von mir, wie gehabt. Es wird gestritten, votiert und die Wahrheit für sich gepachtet. Es ist 22:50, die Abstimmungen beginnen. Das Resultat: Die Klassengrössen werden um 1 erhöht.

4-21 Schulische Aktivitäten. Der Gemeinderat soll nicht das Skilager abschaffen, sondern den Budgetposten der (ausser-)schulischen Aktivitäten um 40kCHF kürzen.

3-8 Weniger städtisch finanzierte Integrationsangebote: Angenommen.

3-24 Zurückgezogen, weil nicht realisierbar. 3-27 (Motion Studer Umsetzung, trotz falscher Berechnung), 3-26 (Eingesparte Subventionen DSS 2014): Zustimmung.

4-34 Die verbilligten Bus-Abos werden nicht wieder eingeführt.

Und jetzt gehen wir heim, es ist 23:46.

 

Filière Bilingue: Vertretbare Nebenwirkungen?

Die zweisprachige öffentliche Volksschule ist attraktiv für Schweizer Eltern. Besonders viele gut verdienenden Eltern möchten ihre Kinder in die Filière Bilingue schicken und dafür nach Biel ziehen. Warum soll also dieses attraktive Bieler Produkt nicht verkauft werden? Weil es Nebenwirkungen hat. Weil die gemeinsame Bildung aller für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sehr wichtig ist.

Das Postulat zur Filière Bilingue lenkt den Blick vom Diamanten der zweisprachigen Klassen auf seine Wirkung auf die andern Schulen. Warum die Sorge um sie begründet ist und was untersucht werden muss.

Wenn die Filière Bilingue nachhaltig attraktiv sein soll, dann müssen wir sie auf ein moralisch einwandfreies Fundament stellen. Es genügt deshalb nicht, die positive Diskriminierung auszuschliessen, wie es der Gemeinderat tut, wenn er schreibt: „Es gibt keine Kriterien, die fremdsprachige Kinder von der Aufnahme in die Filière Bilingue ausschliessen.“ (Antwort des Gemeinderates auf das Postulat 20140159 vom 19.12.14) Nach heutigem Informationsstand stimmt das nicht ganz, indem die Beherrschung einer beliebigen Sprache Voraussetzung ist und dieses Kriterium statistisch nach allen Informationen, die uns vorliegen, in der zugezogenen Bevölkerung hoch signifikant weniger häufig erfüllt ist als in der einheimischen. Deshalb kam auch Applaus aus den Reihen der SVP für die Filière Bilingue nicht ganz von ungefähr.

Sehen wir also darüber hinweg, dass nicht positiv diskriminiert wird, bleibt doch die Tatsache, dass die Auswahl eine Restschulproblematik zurücklässt, also negativ diskriminierend wirkt. Das kommt einerseits davon, dass die Existenz der Filière Bilingue auf die soziodemographische Zusammensetzung des Quartiers eine Auswirkung hat. Die Wirkungsketten die dazu führen sind bekannt: Als Vermieter oder Vermieterin bevorzugen Sie in der Regel einheimische Familien mit höherem Einkommen. Wenn sich diese vermehrt in ihrem Quartier um Wohnungen bemühen, entsteht eine höhere relative Dichte dieses Bevölkerungsteils. Zusammen mit den angewendeten Auswahlkriterien kommt es zur erwähnten negativen Diskriminierung.

Einfach gesagt: Die Schule verwandelt das Quartier, weil sie attraktiv ist. Gilt übrigens auch umgekehrt und ist eines der Hauptprobleme, die wir in Biel und der Agglomeration haben. Eines der grossen Tabus, wenn wir richtig hinsehen. Es spielt eine Rolle, wie wir mit unseren Schulen umgehen. Der Gemeinderat ist sich der Problematik bewusst, wie in der Antwort nachzulesen ist.

Selbstverständlich wurde ich vom Erziehungsdirektor auf unsere Eingabe angesprochen, er hat sich ja sehr positiv zur Filière Bilingue geäussert. Soweit ich ihn verstanden habe, teilt auch er die Ansicht, dass die angesprochene negative Diskriminierung untersucht und allenfalls kompensiert werden muss. Der Eindruck, ich würde mich gegen die zweisprachige Ausbildung wenden, ist grundsätzlich falsch. Der interkulturelle Dialog muss hier beginnen, wo zwei Kulturen eng zusammen leben. Die Zweisprachigkeit darf aber nicht zum Altar werden, auf dem grundlegende moralische Werte stillschweigend geopfert werden. Wir müssen uns trauen, nicht Rücken an Rücken zu leben, sondern voneinander zu lernen und einander auch herauszufordern, ohne in unüberbrückbaren Streit zu geraten.

Freude bereitet selbstverständlich die Tatsache, dass die Anliegen des Postulates im Rahmen der Evaluation wirkungsvoll und mit kleinem Aufwand aufgenommen werden. Als Schulrat der Pädagogischen Hochschule Bern bin ich auch überzeugt, dass die Evaluation die aufgebrachten Aspekte berücksichtigen wird.

In diesem Sinne danken wir dem Gemeinderat für die Aufnahme des Postulates und unterstützen ihn nach Kräften, die Zweisprachigkeit nachhaltig zu fördern.

Postulat zur Filière Bilingue

Zuerst: Ich bin überzeugt, dass wir zweisprachige Ausbildungen brauchen. Und ich will, dass nach wie vor zweisprachige Gymnasialklassen in Biel geführt werden. Am Gymnasium gibt es keine zusätzlichen zwingende Bedingungen. Jeder Schüler, jede Schülerin, die die Hürde ins Gymnasium geschafft hat, kann in die zweisprachigen Klassen eintreten.

Die Stadt Biel hat einen andern Weg gewählt. Deshalb reichen wir heute das folgende Postulat ein, als Erstunterzeichner:

Überparteiliches Postulat zur Filière Bilingue

 

Keine Verschärfung der Restschulproblematik durch die Filière Bilingue

 

Der Gemeinderat wird aufgefordert zu prüfen,

  1. ob sich die Nachteile der Filière Bilingue – ungleiche Chancen je nach Wohnort und Herkunft, Restschulproblematik durch Klassen mit weniger sprachgewandten und bildungsferneren Schüler/innen – durch ihre Vorteile rechtfertigen lassen,
  2. welche weiteren Vor- und Nachteile mit der Filière Bilingue aus heutiger Sicht verbunden sind,
  3. welche Alternativen der Förderung der Zweisprachigkeit in den Bieler Schulen eingeführt werden können und
  4. ob er nach diesen Reflektionen noch an der Weiterführung der Filière Bilingue festhält und wie er die Auswahl der Schüler/innen verantwortungsvoll steuern will.

 

Begründung

In den letzten Jahren hat die Stadt Biel gezeigt, dass sich die Filière Bilingue organisieren lässt und der Erfolg des Unterricht mit fast den gleichen Ressourcen erreicht werden kann, wie in den einsprachigen Volksschulen.

Jetzt stellen sich aber eine Reihe weiterer Fragen, die politisch beantwortet werden müssen:

  • Wird der Zugang zu einem wichtigen Angebot der Volksschule so eingeschränkt, dass grundlegende Werte der Gleichbehandlung missachtet werden?
  • In den Klassen der Filière Bilingue sind zwei Drittel Schweizer Schüler/innen mit guten Sprachkenntnissen. Entspricht das Herausnehmen dieser sprachlich und sozial eher starken Schüler/innen der Integrationsstrategie des Gemeinderates?
  • Für das Drittel der Kinder mit Migrationshintergrund werden ebenfalls Sprachvorgaben gemacht. Welchen konkreten Einfluss haben diese Vorgabe auf die andern Klassen der Stadt (Restschulproblematik)? Der Blick auf den erheblichen Unterschied der soziodemografische Zusammensetzung der Klassen der Filière Bilingue im Vergleich mit den andern Klassen der gleichen Stufe muss geschärft werden.
  • Gibt es eine Möglichkeit, die wesentlichen Nachteile des heutigen Projektes in den Restschulen durch flankierende Massnahmen oder Änderungen des Projektes aufzuwiegen? Ist es richtig, dass die Vorteile der Filière Bilingue diese ethisch offensichtlich schwer vertretbare Auswahl von Kindern rechtfertigen? Welche Informationen braucht es, damit diese sozialpolitisch heikle Auswahl durch die Verwaltung verantwortungsvoll gesteuert werden kann und wie berichtet sie regelmässig darüber?

 

 

Leonhard Cadetg                                  Alain Pichard                       Reto Gugger

Fraktion FDP/PRR/EVP/EDU             Fraktion GLP                       Fraktion BVP/CVP/BDP

 

 

Alfred Steinmann, SP                                       Martin Güdel, DE

 

Opfer auf dem Altar der Zweisprachigkeit?

Die zweisprachige Schule (Filière Bilingue) in Biel ist eine staatlich finanzierte Privatschule, deren Vorteile durch abenteuerliche Bekenntnis zur Zweisprachigkeit begründet werden. Dabei ginge es einfacher, mit mehr Beitrag zur Integration und mehr Beteiligten, ganz im Sinne der neuen Mehrsprachigkeitsdidaktik.

Die Volksschule für alle Kinder hat einen wichtigen Sinn. Unabhängig von ihrer Herkunft sollen die Kinder zusammen lernen. Die zweisprachige Schule – Filière Bilingue, FiBi – der Bieler ist das Gegenteil. Schon ganz am Anfang der Schullaufbahn werden die stärkeren Schüler/innen in eine zweisprachige Eliteklasse gesteckt. Wer behauptet, es sei nur die Entfernung zwischen Elternhaus und Schule, die berücksichtigt werde, der darf die Briefe an die Eltern lesen und die Zusammensetzung der Klassen studieren. Er darf auch den Lehrerinnen und Lehrern zuhören und sich dann sein eigenes Urteil bilden. Das ist schändliches Schönreden. Hier wird früh getrennt, nicht ganz konsequent, aber stark genug, dass diese Schülerinnen und Schüler in andern Klassen fehlen.

Diese staatlich finanzierte Privatschule ist gefährlich. Sie ist gefährlich für die Integration, sie ist gefährlich für diejenigen, die zurückbleiben. Später, wenn die Schule einige Jahre gewirkt hat und die Unterschiede gross werden, dann soll getrennt werden. Aber nicht am Anfang der Schullaufbahn.

Erstaunlich, dass auch dieselben Sozialisten, die seit Jahrzehnten für eine Gesamtschule ohne Sekundarschule einstehen, diese Segregation organisieren und hoch preisen. Es ist eben nicht nur ein Opfer auf dem Altar der Zweisprachigkeit, was mit der Filière Bilingue erbracht wird. Es ist einfache Vorteilswirtschaft des Bildungsbürgertums, auch und vor allem des linken.

Was wären die Alternativen?

  • In Bieler Schulhäuser gemeinsame Anlässe von Klassen beider Sprachen, sprachgemischte Sportklassen und Zusammenarbeit im Rahmen des Frühfranzösisch. Zusammen singen und spielen, in bestimmten Fächern das gleiche Thema bearbeiten und gegenseitig die Ergebnisse zeigen. Das wäre Zweisprachigkeit für alle, die niemanden ausschliesst.
  • Oder gleich alle Klassen zweisprachig führen. Ist unrealistisch, weil die nicht alle Kinder genügend Sprachkompetenz haben oder genügend sprachintelligent sind? Genau, deshalb werden diese stärkeren auch in die Filière Bilingue separiert…

Berichte dazu:

Stadtrat – 19.09.13 – mit Publikum!

Das ist Demokratie: wenn die Betroffenen auf der Bühne erscheinen. Sie werden noch einen Moment warten müssen, es beginnt mit dem Krematorium. Den Anträge unserer Fraktion wird zugestimmt.

Dann geht es um ein nicht motionsfähiges Anliegen, das trotzdem beantwortet wird: Erhöhung der durchschnittlichen Steuerkraft. Wird als Postulat überwiesen, funktioniert.

Dann kommt FAI. Darüber habe ich schon mehrmals geschrieben:

Was kommt, ist eine Folge von Voten der Gruppe. Selbstverständlich gibt es nichts zu entscheiden, schliesslich ist es eine Interpellation. Aber wir haben viel gearbeitet, bis wir den Durchblick hatten. Und jetzt reichen wir die Motion ein, die die Fachstelle auf die ursprünglichen vier Stellen reduziert.
Ja, meine Position hat sich verändert. Ich wollte die FAI abschaffen, bin auch immer noch sicher, dass es richtig wäre. Weil die Leute an der Front gestärkt werden sollen. Aber es ist auch fair gegenüber denen, die ihre Arbeit gut machen.
Die Schelte für unser Tun kommt dann auch noch.

Nach der Pause ist meine Motion dran. Auch als Postulat hat sie wahrscheinlich keine Chance, habe ich das Gefühl. Aber halt, aus der SP stimmt man zu! Danke, an diesen Moment werde ich mich erinnern. Die Grünliberalen lehnen die Motion zwar ab, sie setzen auf Teamteaching: Wie wollen sie das finanzieren? Das Postulat wird angenommen, 33 gegen 16 Stimmen.

Eines ist nach dieser Debatte Klasse klar: die Klassengrösse wird nicht direkt mit dem Schulerfolg verknüpft. Didaktische Mission erfolgreich.

Dann kommt Leben in den Stadtrat, die 20%-Leitungsfunktion für die Schulsozialarbeit. Was da ein Grüner, den ich persönlich gerne mag, für eine Schlammschlacht eröffnet, das bringt mich in Rage, ich rede mich in Rage und jetzt kratzt der Hals. Dass ich mich nicht beherrschen kann! Der Schuldirektor reagiert richtig, bedächtig, pastoral. Ich mag diesen Sozialisten, auch wenn ich mit ihm nicht einverstanden bin. Die Motion kommt mit 28 zu 23 durch.

Nach der Schulkommission und der Altersdelegierten wird die „Abschaffung der Stellen für besondere Massnahmen„. Wunderbar, nachts um zwölf über diese Stellen zu reden. Wie geht das noch aus?

In der Zwischenzeit habe ich dann auch noch die Position der Grünliberalen zur Steuererhöhung verstanden: Ja, wenn gleichzeitig erheblich gespart wird. Nun, damit werden wir leben können. Mehr davon in knapp einem Monat.

Jetzt werden Stimmen gezählt. Der Motionär wird wandeln, es ist zu kritisch. Es wird so geredet, als käme keine heilpädagogische Unterstützung in die Schulen. Na ja, da reden einige über Dinge, die sie nicht kennen oder nicht kennen wollen. Was bin ich müde! Ist das seriös?

00:19: Der Ordnungsantrag von Bohnenblust kommt durch, er verlangt zwei Minuten Redezeit.

00:21: Drohung mit Anträgen fürs Budget, die mehr Stellen verlangen.

00:22: Der Stellenbeschrieb wird erklärt.

00:23: Der Schuldirektor spricht. Diesmal bin ich wirklich nicht einverstanden mit ihm. Er liest uns die Leviten, er ist ebenfalls müde geworden.

00:26: Abstimmung, endlich. Überwiesen. Rabenschwarze Nacht für den Schuldirektor…

Der Stadtrat soll die Klassengrösse bestimmen

Der Stadtrat muss das Budget auf der Basis der durchschnittlichen Zahl Schülerinnen und Schüler pro Schulklasse bestimmen. Und das Schulamt muss endlich lernen, wie der Kantonsbeitrag berechnet wird und was das für Auswirkungen hat.

Mit der Umwandlung in ein Postulat im Sinne des Verständnisses des Gemeinderates und der Schulkommissionen bin ich einverstanden. In diesem Sinne danke ich dem Gemeinderat für die ausführliche Antwort und bin überzeugt, dass die Festlegung einer Zielgrösse für die Schüler/innen-Zahlen während der Budgetdebatte eine gute Sache ist.

Wie wird also in Zukunft entschieden? Der Stadtrat beschliesst das Budget auf der Basis einer bestimmten Schüler/innen-Zahl pro Klasse. Im Frühjahr legt der Gemeinderat eine Klassenorganisation vor, die diese Zahl Schüler/innen pro Klasse realisiert. So kann verfahren werden, auch ohne Revision der Stadtordnung.

Was war denn problematisch am bisherigen Verfahren? Darauf habe ich bereits in meinem Votum vom 23.03.13 auf Seite 77 und 78 des Protokolls hingewiesen. Ich erkläre es konkret: Am 23. März haben wird mit dem Bericht über die Klassenorganisation (BE_20130003_Klassenorganisation_2013_130321) den Antrag des Gemeinderates bekommen:  Deutschsprachiger Kindergarten: Eröffnung einer Klasse. Französischsprachiger Kindergarten: Eröffnung einer Klasse. Deutschsprachige Primarstufe: Keine Änderung. Französischsprachige Primarstufe: Eröffnung von zwei Klassen. Und so weiter. Im Bericht erscheinen viele Kriterien ohne Gewichtung und Erklärungen, die einiges an Vertrauen verlangen, das wir auch gerne geben. Welcher Stadtrat kann unter diesen Umständen die vorgeschlagene Klassenorganisation ändern? Wer nimmt in Kauf, dass die Arbeit nochmals von vorne beginnt? Wer traut sich, die Klassenorganisation zurückzuweisen? Also stimmt der Stadtrat zu. Damit hat er auch gleich das Budget beschlossen in diesem Teil. Er darf also auch im Budget nichts mehr daran ändern.

Die Motion  (pra_rat_M_20130162_d_19.09.13) würde also den Stadtrat ermächtigen. Die Motion birgt die Gefahr für den Gemeinderat, dass der Stadtrat die Klassenorganisation wirklich beschliesst, weil er genau das beschliesst, was er mit gutem Gewissen beurteilen kann, nämlich die mittlere Zahl Schüler/innen pro Klasse. Ich bin froh, dass der Gemeinderat diesen Teil berücksichtigen will.

Warum ist das alles plötzlich anders als früher? Weil der neue Finanzausgleich Volksschulen (NFV) gilt: Der Kanton bezahlt 50% der Kosten der Schule direkt und 20% im Schnitt über alle Gemeinden als Beiträge pro Schüler. Deshalb kann die Gemeinde über die Anzahl Schüler pro Klasse die Kosten steuern. Das ist seit 2012 so. Der Kanton übernimmt 70% der Kosten, wenn die Schüler/innen-Zahlen im Durchschnitt des Kantons liegen. Die Kosten für den abteilungsweisen Unterricht werden gleich aufgeteilt.

Ist die Abschätzung des nötigen Zusatzunterrichts richtig? Nein, sie ist viel zu hoch. Der Verweis auf die Grundlagen des abteilungsweisen Unterrichtes ist richtig, die Ableitung der Kosten aber logisch falsch, was nahtlos zur nächsten Frage führt:

Was sollte uns stören? Was sollte alle Freunde der Bieler Schulen stören? Das Bild der Schule, das von der Schuldirektion gezeigt wird, ist auch in dieser Antwort fast vollständig defizitorientiert. Es werden wesentlich mehr Ressourcen pro Klasse zur Verfügung gestellt als noch in den 80er-Jahren. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden in der Zwischenzeit ganz anders geschult und haben begonnen, wirklich die Erkenntnisse zu nutzen, die die Wissenschaft ihnen gibt. Sie haben heute eine längere Ausbildung, die sie viel stärker zur Reflexion zwingt und die systematischer und längere Praxisanteile hat. Praxislehrkräfte werden richtig entschädigt. Dafür bin ich massgeblich verantwortlich, weil ich als Schulrat der PHBern nämlich wollte, dass sie auch zur Ausbildung für diese Aufgabe verpflichtet werden und in den Berichten qualifizierte Urteile abzugeben. Liebe Stadträtinnen und Stadträte, wir haben eine Eins-A-Ausbildung und eine Eins-A-Schule. Traut doch den Lehrerinnen und Lehrern zu, dass sie ihre Arbeit können. Sie können mit 21 Schülerinnen und Schülern pro Klasse umgehen, sie können sich Hilfe holen und sie können mit die Aufgabe befriedigend erfüllen. Perfekt lösen kann man die Aufgabe nicht. Aber es ist ein ebenso schöner wie anstrengender Beruf. Stärken wir die Menschen und klären wir die Rahmenbedingungen. Trauen wir es ihnen zu, lassen wir sie arbeiten.

Mit der Umwandlung in ein Postulat bin ich einverstanden und bitte um Unterstützung des Wunsches der Schulkommissionen und des Antrags des Gemeinderates.

Grundlagen sind hier: http://test.cadetg.ch/2013/04/17/klassengrosse-als-rahmen-setzen-zumutbares-zeichen-verlasslicher-finanzpolitik/

Abschaffung der Stellen für besondere Massnahmen

Das hat seit langem System: wo sich etwas verändert, wird in der Stadt eine Koordinationsstelle geschaffen. Das unterstützt die Front nicht, das schwächt sie. In meinem Votum für die Motion zur Abschaffung der Stellen für besondere Massnahmen (pra_rat_M_20130080_d_19.09.13) wird erklärt, warum das so ist.

Die Abschaffung der Stellen für besondere Massnahmen stärkt die Menschen und klärt die Sachen.

Worum geht es? Um Integration. Integration ist in jedem Fall eine zweiseitige Angelegenheit. Es geht ums Aufnehmen und ums Anpassen. Integration von Schülerinnen und Schüler, die vor der Umsetzung des VSG Art. 17 noch in besonderen Klassen geschult wurden, verlangt von allen Beteiligten Anpassungsleistungen.

Wer steuert den Integrationsprozess in der Schule? Lehrerinnen und Lehrer. Lehrerinnen und Lehrer können beobachten, haben ein grosses Repertoire an Handlungsmöglichkeiten und lernen ihr ganzes Leben lang, was ihren Beruf ausmacht: Sie lernen Kinder zu bilden, zu erziehen und zu motivieren.

Warum sind wir uns über die Abschaffung nicht einig? Nun, wir gehen nicht alle vom gleichen Menschenbild aus. Ich stelle mir mein Gegenüber gerne als handlungsfähigen, verantwortungsbewussten und einsichtigen Menschen vor. Er macht genau wie ich Fehler und er denkt ähnlich wie ich, nur ein wenig anders. Er kann das, was ihm aufgetragen ist. Wenn er Hilfe braucht, holt er sie. Wenn er eine Spezialistin zur Seite gestellt bekommt, dann lernt er von ihr. Wenn er Erfahrungen macht, dann denkt er darüber nach.

Dieser Mensch, diese Lehrerin,  dieser Lehrer, übt eigenverantwortliches Handeln und ist erfüllt in der Arbeit, wenn sich eine Wirkung oder mindestens eine Erkenntnis einstellt.

Hinter der Art, wie die Integration nach Art. 17 VSG unter dem alten Direktor als administrativer, bürokratischer Akt geplant und durchgeführt wurde, steckt ein anderes Menschenbild. Das tönt dann etwa so: „Denen da vorne an der Front muss gezeigt werden, was sie zu tun haben. Die wissen nämlich nichts und wollen, dass sie an der Hand genommen werden, dass ihre Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden.“

Ich bin weit davon entfernt, dass ich sagen würde, dass es diesen Menschen nicht gibt. Also gibt es auch ganz sicher Lehrerinnen und Lehrer, denen gegenüber eine solche Haltung angebracht ist. Aber dazu, liebe Stadträtinnen und Stadträte, genau dazu haben wir die geleitete Schule eingeführt, genau deshalb bilden wir Schulleiter aus, genau dazu haben wir Qualitätssicherung in der Schule verlangt. Wir reagieren eben nicht nur mit Strukturen, sondern stärken die Menschen an der Front. Jetzt müssen wir uns zurückhalten, jetzt müssen wir sie arbeiten lassen.

Was heisst das jetzt konkret? Die überwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer kann das, was sie tut. Denen dürfen wir es zutrauen, denen müssen wir es zutrauen, die müssen wir durch unsere hohe Erwartung stärken. Sie brauchen keine Koordinationsstelle, weil die Schulleitungen das leisten können, man muss sie nur befähigen und ihre Arbeit tun lassen. Sie brauchen keine zusätzliche Führung, denn sie haben die Schulleitung. Sie brauchen keine Entwicklung, denn sie entwickeln die Schule selbst weiter mit denen an der Front, mit den Spezialistinnen und Spezialisten, die die Massnahmen durchführen. Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter sind ständig an der Arbeit, müssen sich ständig wieder auf die Höhe bringen. Reden wir ihnen nicht noch einmal hinein. Schaffen wir diese Stellen ab.

Ja, die zusätzlichen Ressourcen haben zugenommen. Erziehungsdirektor Pulver hat reagiert und die Mittel an die Front gegeben. Lassen wir sie dort und ziehen wir nicht zusätzliche Hierarchien und Matrixknoten ins ohnehin unüberschaubar dichte Netz. Diese zusätzlichen Bürokratien fressen die Ressourcen der Front. Lassen Sie es mich kurz an einem Beispiel zeigen: Wenn einer zu vier Beteiligten dazu kommt, dann braucht es vier weitere Kontakte. Vier weitere Kontakte, die Zeit brauchen, Zeit sich abzusprechen, kennen zu lernen, darzustellen, auseinanderzusetzen. So, und jetzt zeichnen Sie die ursprünglichen vier als Kreise auf ihr Blatt, verbinden Sie mit Gesprächslinien und zählen. Das gibt sechs Beziehungen. Einer mehr gibt 40% mehr Koordinationsaufwand. Und das Resultat wird durch die Menge nicht besser, im Gegenteil. Was wir anlässlich der Orientierung vom 9. September als Beispiele hörten, hat genau dies gezeigt. Stärken wir die Menschen, geben wir ihnen die Ressourcen, damit sie die Sachen klären können.

Oder wollen die an der Front die Hilfe? Da müssen wir unserem Urteil vertrauen und sie die Hilfe bei den dort vorhandenen Spezialistinnen und Spezialisten, bei erfahrenen Kolleginnen und Kollegen holen lassen. Was stärkt die Menschen? Die leistbare Herausforderung.

Oder geht es um Kontrolle? Dann rufe ich in die Reihe hinter mir: Vertrauen Sie der Front, trauen sie ihr zu, dass sie es kann, hören Sie auf mit dieser Angst vor dem Kontrollverlust, Herr Schuldirektor!

Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, stärken Sie die Menschen und klären Sie die Rahmenbedingungen. Sprechen Sie sich aus für die reife Erwartung an die Schule, für das Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit, für die Motion.