„Es ist Zeit für Taten“

In der Bieler Sozialdirektion muss gehandelt werden, Regionalredaktorin Jacqueline Lipp sagt es heute im Bieler Tagblatt deutlich. Was heisst das aber für uns Stadträtinnen und Stadträte? Schlussstrich ziehen, nach vorn blicken und nicht vergessen: genau hinschauen.

Das ist bekannt: „In der Abteilung Soziales ist in letzter Zeit viel schief gelaufen. Zu lange hat die Politik zugewartet, zu lange hat sie die Laissez-Faire-Mentalität gebilligt. Jährlich werden 100 Millionen Franken für die Sozialhilfe ausgegeben. Die Stadt ist es ihren Steuerzahlern schuldig, mit diesem Geld verantwortungsvoll umzugehen.“ (Kommentar Jacqueline Lipp im Bieler Tagblatt vom 27.01.15)

Die Analyse ist jetzt vollständig. Wir wissen, was es zu tun gibt. Und wir wissen, dass wir dies mit dem Gemeinderat tun müssen, der gewählt ist. Also gilt es jetzt, den Blick in die Zukunft zu richten und den Sozialdirektor zu unterstützen. Wir haben keine andere Wahl.

Das soll nach den Tiraden so einfach gehen? Ändere ich über Nacht einfach meine Meinung? Gilt alles Geschriebene und Gesagte nicht mehr? Doch, es gilt und ich stehe dazu. Es war richtig, den Wählerinnen und Wählern zu zeigen, dass sie nicht das gewählt haben, was ihnen versprochen wurde. Aber jetzt muss es uns um das Wohl der Stadt gehen, nicht um die Person. Was über den Sozialdirektor gesagt werden musste, ist gesagt. Im nächsten Wahlkampf ist die ganze Legislatur zu beurteilen, da holen wir die Angelegenheit wieder ans Licht. Bis da müssen wir jetzt den Wandel unterstützen. Vielleicht nicht wieder mit mehr Geld, wie die Regionalredaktorin in ihrem Kommentar dann noch fordert. Sondern mit besserem Management in der Sozialdirektion. Mit andern Prioritäten bei gleichen Mitteln, mit besserer Organisation, mit wirksamer Unterstützung der Front und mit effektiver Kontrolle.

Kontrolle auch im Stadtrat gegenüber dem Gemeinderat: Schon im Geschäftsbericht über das Jahr 2015 wollen wir sehen, was warum verändert wurde und wie die erhoffte Wirkung überprüft wird. Wir wollen Anträge des Sozialdirektors im Gemeinderat. Wir wollen Massnahmen ergreifen und unterstützen. Für ein einfaches Ziel: Endlich eine tiefere Sozialhilfequote, endlich nicht mehr das Armenhaus der Schweiz sein.

Kann der Sozialhilfedirektor handeln?

Im Prinzip schon. Nur tut er es nicht. Nachzulesen in der Antwort des Gemeinderates zwischen den Zeilen. Und hier, in den Zeilen, etwa so, wie es auch im Stadtrat von mir zu hören war.  

Der Gemeinderat hat auf unsere Interpellation geantwortet. Wie soll man das jetzt zusammenfassen? Ich versuche es einmal. Die Antwort auf die gestellte Frage ist: Im Prinzip schon. Er hat aber eine schwierige Aufgabe mit begrenzten Ressourcen und stellte bisher keine konkreten Anträge an den Gemeinderat. So hat er bezüglich SKOS nur festgestellt, dass er gebunden ist und hat den Gemeinderat nicht mit einem konkreten Antrag aufgefordert, beim Regierungsrat vorstellig zu werden, dass er die einschlägige Verordnung ändern würde. Wir erinnern uns ja gar nicht an seinen Wahlkampf, und schon gar nicht an die entsprechenden Voten seiner Partei…

Einige Bemerkungen erlauben Sie mir aber schon noch:

  • Der Begriff „Armenjagd“ ist polemisch. Selbstverständlich ist regionale Kommunikation notwändig. Aber bei den Mieten geht es darum, dass die Sozialhilfebezüger/innen ihre Mietverträge unterschreiben und die Mieten bezahlen. Das ist normale Selbstständigkeit, zu der erfahrungsgemäss drei Viertel in der Lage sind. Bestimmt wird es unsicherer für die Vermieter, aber damit sollten sie klar kommen. Also Druck für mehr Selbstständigkeit und nicht Jagd auf Menschen. Es ist schlicht inakzeptabel diesen Begriff und sei es in Anführungszeichen zu verwenden.
  • Personalrechtliche Rahmenbedingungen für Anreize könnten geschaffen werden. Offensichtlich hat Beat Feurer keine beantragt und ist damit auch nicht gescheitert. Vielleicht liegt das Problem auch in der Arbeitsplatzgarantie bei Abnahme der Zahl der Sozialhilfefälle? Dann wäre es auf andere Art als mit Anreizen zu lösen. Auch in diese Richtung wurde vom Sozialdirektor im Gemeinderat nicht gestossen.
  • SKOS: Diese Anträge schreiben wir Ihnen in drei Arbeitsstunden fertig. Vielleicht braucht es weitere fünf Arbeitstage für Gespräche und Abstimmungen. Jedenfalls müsste jemand sofort nach Amtsantritt handeln, wenn er sein Maul so grossartig aufsperrt. Das hat Sozialdirektor Feurer nicht.
  • Wir handeln alle mit beschränkten Ressourcen, die sind gegeben. Da gilt es, Schwerpunkte zu setzen und das Personal hinter sich zu bringen. Schaffte der Sozialdirektor nicht. Und ja, es gibt viele Massnahmen, die nicht in seiner Direktion umgesetzt werden müssen. Wir sind dankbar, dass der Herr Stadtpräsident Fehr dafür die Verantwortung übernimmt. Wann werden wir Wirkung sehen? Mit Wirkung ist selbstverständlich eine tiefere Sozialhilfequote gemeint.
  • Die Umsetzungsplanung ist sehr dürftig und im Zusammenhang mit der gestellten Frage äussert aufschlussreich. Da sind Punkte darunter, die exogen motiviert sind. Darauf gehe ich nicht weiter ein.
  • Zitat: „Gegenwärtig laufen im Auftrag der DSS verschiedene Abklärungen in der Abteilung, welche allenfalls Handlungsfelder des Gemeinderates zum Treffen von weiteren Massnahmen aufzeigen können.“ In welcher Abteilung? Soziales, wahrscheinlich. Mehr als zwei Jahre nach Amtsantritt? Nach diesem vollmundigen Wahlkampf? Mit dieser so sicheren Partei im Rücken?
  • Was die letzte Antwort angeht, so liest man hier, dass der Stadtrat nicht helfen könne. Gut so. Dann erwarten wir vom Gemeinderat Wirkung. Konkret: Endlich eine tiefere Sozialhilfequote.

Die Beantwortung der Interpellation zeigt auf höfliche Art und Weise, was die Mehrheit weiss: Auch dieser Sozialdirektor ist eine Zumutung. Mit der Beantwortung der Interpellation bin ich in diesem Sinne sehr zufrieden, mit der Arbeit des Gemeinderates und insbesondere des Sozialhilfedirektors ganz und gar nicht.

Feurers Rücktritt und Nachfolge – doppelte Mission Impossible

Welche Hindernisse Feurers längst fälligem Rücktritt und einer valablen Nachfolge entgegenstehen. Welches Vergnügen die Posse bereiten könnte, wenn es nicht um viel Ernsthafteres gehen würde. Und warum diese doppelte Mission Impossible alle in die Pflicht nimmt.

Beat Feurer ist wahrlich nicht zu beneiden. Und jetzt hat er noch den richtigen Ausgang verpasst. Dabei war er vor dem Gemeinderat beruflich nicht sonderlich erfolgreich, im Gegenteil. Müller, Dillier und Konsorten haben den willigen Naiven trotzdem auf ihren Schild gehoben. Was haben wir ihnen zu erklären versucht, dass dies in die Katastrophe führt! Beat Feurer hingegen war glücklich und nett. Er konnte endlich sich selbst sein, in all seinen Widersprüchen und seinem raschen Verzeihen. Schnell wurde er dann zum Getriebenen der Ankündigungen seiner Leute und seines eigenen lockeren Mundwerks. Ihm fehlte die Erfahrung, ihm fehlte die Hausmacht und ihm fehlte allenthalben der Respekt in Politik und Verwaltung. Nicht nur in den Gemeinderatssitzungen wurde er offensichtlich zur manipulierten Witzfigur degradiert, wenn seine Arbeit immer wieder für unbrauchbar beurteilt wurde. Wer seine Voten im Stadtrat liest, die mit dem Protokoll auch richtig aktenkundig sind [1], der schwankt zwischen Abscheu vor den Peinlichkeiten und tiefem Mitleid mit einem, der seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. Mich hat das zuerst auf die Palme gebracht. Das war dumm von mir, denn er konnte nicht besser. Habe ich es gehofft? Ja, ich habe es eben auch in naiver Gutmütigkeit geglaubt: Beat Feurer muss doch ehrlich, rechtschaffen und halbwegs in der Lage sein, wenigstens gezielt in die gute Richtung zu arbeiten. Ist er nicht. Die einfachen Gemüter unter uns haben sich in die Irre leiten lassen. Und so steht er jetzt vor dem Nichts, denn der finanzielle Absturz wird schmerzlich tief sein. Es wird mit dieser offen manifestierten Unfähigkeit ausgesprochen schwierig sein für ihn, wieder Fuss zu fassen. Unter diesen Umständen kann man ihm nicht verargen, dass er bleibt. Bis zum Schluss.

Wenn aber seine Weggefährten ihre Verantwortung wahrnehmen und ihm eine wirtschaftlich angenehme Zukunft sichern? Oder wenn er im Zwiegespräch zur Einsicht kommt, er habe genug gelitten? Oder der Verwundete ohne Hilfe strauchelt? Dann wird es noch viel schwieriger. Bevor Matthias Müller sich dadurch diskreditierte, dass er so tat [2], als hätte er den Bericht nicht gesehen, habe ich ihn aufgefordert, in die Stadt zu ziehen und Beat Feurer zu ersetzen. Ja, das ist Widersprüchlich, denn ich habe ihn öffentlich und zu Recht vor zwei Jahren einen Brunnenvergifter genannt. Jedoch ist er im Oktober 2014 der einzige gewesen, der der Aufgabe gewachsen und halbwegs wählbar gewesen wäre. Mit seiner impliziten Schummelei wird es jetzt auch schwierig. Doppelt schwierig. Die Partei müsste ja, wenn sie ihren eigenen Aufruf zur fairen Wahl ernst nehmen würde, zunächst keinen Kandidaten, keine Kandidatin stellen. Dann in der Wahl aber mit einem Mann antreten, der Gefahr läuft zu verlieren. Wer möchte schon auf einen unehrlichen Gemeinderat einen nächsten wählen, der uns erst unter Druck die halbe Wahrheit sagt?

Das persönliche Risiko von Matthias Müller hingegen ist eher klein: Den harten, gradlinigen Berufsmilitär wird sein Parteikollege an der Spitze des Departementes wohl nach einer Abwahl zurücknehmen. Der Einsatz für die Familie aber erheblich.

Für jeden andern Kandidaten, für jeden Gegner gilt Ähnliches: In der Ersatzwahl gewinnen und kaum ein Jahr später abgewählt werden, ist das attraktiv?

Nun, wir können uns auf ein paar interessante Monate einstellen. Ich würde dem mit Vergnügen zuschauen, wenn es nicht um etwas viel Ernsteres ginge, mit dem man nicht spielt: Um unsere Stadt, um unsere Sozialhilfe, um unseren Wohlstand und um unsere Zukunft. Wer wäre ob der Vorfälle nicht angeekelt?

Deshalb müssten wir über die Parteigrenzen hinweg einen Nachfolger unterstützen, der halbwegs integer und der Aufgabe gewachsen ist. Deshalb müssten wir zusammenstehen, trotz oder gerade wegen unserer Fehleinschätzungen der Vergangenheit.

[1] Zum Beispiel im Protokoll vom 6. Juni 2013, S. 299f :“ (…) ich höre es gerne, dass Sie auf dieser Dienststelle mehr Personal wünschen. Ich muss Sie aber darauf hinweisen, dass nicht nur die personellen, sondern auch die finanziellen Ressourcen beschränkt sind. Der Gemeinderat muss sich an den Rahmen seiner Möglichkeiten halten. Selbstverständlich hätte auch ich gerne mehr Personal in der Dienststelle Bevölkerung. Es stimmt auch, dass die dortige Situation manchmal nicht sehr attraktiv ist. Diese Woche beispielsweise reichte die Warteschlange der Anstehenden fast bis ins Parterre. Das ist nicht gut! Der Gemeinderat sucht aber nach Lösungen. Wenn mehr Personal nicht drin liegt, so sollten doch wenigstens die Organisationsformen angepasst werden. Sie können der vorliegenden Beantwortung dazu mehr entnehmen: Zum einen kann sich die Dienststelle Bevölkerung räumlich anders organisieren. Das ist derzeit in Arbeit: Es wird also geprüft, ob im Gebäude selber die Raumaufteilung reorganisiert werden kann oder auch extern neue Räumlichkeiten gefunden werden können, die eine flexiblere Personaleinteilung erlauben. Das bedingt somit auch die Umnutzung von einzelnen Räumen, die zurzeit noch für die Aktenablage genutzt werden. Ich weiss nicht, wer bereits einmal auf der Dienststelle Bevölkerung war. Es ist jedenfalls so, dass sich dort die Akten türmen und dies nicht nur auf den Bürotischen, sondern wirklich überall. Ebenfalls abgeklärt wird deshalb, ob allenfalls ein Archivierungssystem eingeführt werden könnte, dank welchem die Akten physisch anderswo abgelegt werden könnten und dadurch wieder Raum geschaffen werden könnte. Leider kann ich heute noch nicht sagen, bis wann diese Abklärungen dauern werden, das liegt in der Natur der Sache. Vielleicht gibt es inskünftig also einmal eine Software-Lösung oder es werden andere Räumlichkeiten gefunden. Wann dies aber soweit sein wird, kann ich heute noch nicht sagen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der Gemeinderat an diesem Problem dran bleibt. Auch diese Woche habe ich direktionsintern dazu jedenfalls wieder verschiedene Gespräche geführt und die nächste Schritte besprochen.
Als Letztes doch ein paar Ausführungen zum bargeldlosen Zahlungsverkehr: Auch diese Abklärungen laufen. Ein solcher würde sicher weitere Erleichterungen für das Personal bringen. Zudem könnten solche Vereinfachungen eingeführt werden, ohne dass zusätzlich Personal eingestellt werden muss. So könnten inskünftig Personen, die lediglich Gebühren zahlen wollen, dies bargeldlos tun und dadurch auch den Schalterdienst entlasten. Soweit der Zwischenstand. Weitere Abklärungen sind im Gange.

 

[2] Bevor bekannt wurde, dass er den Bericht bereits gesehen hatte, erweckte Matthias Müller den Eindruck, er habe keine Ahnung von diesem Bericht (siehe bspw. die Kommentare zum Kommentar von Eva Berger im Bieler Tagblatt (18.12.14)). Danach behauptet er, der Bericht sei nicht vertraulich (Journal du Jura, 19.12.14).

Sozialistische Altlasten und Verrenkungen als Entschuldigung für SVP-Misere?

Beides ist schlimm. Die Vergangenheit der Sozialdirektion unter Moeschler und die traurige Posse von SVP-Feurer schaden Biel schon zu lange. Zu behaupten, der aktuelle Sozialdirektor stehe nur wegen seinem Vorgänger im Regen, ist hingegen zu kurz gegriffen. Die Unfähigkeit des Vorgängers ist keine Entschuldigung für die aktuelle Misere. Auch wenn der Stadtpräsident eine Verantwortung übernommen hat, der er auf sanfte Art nie gerecht werden kann.

Im Fall Feurer ist Stadtpräsident Ericht Fehr längst nicht mehr der überlegene patronale Herr der Lage, der er gerne wäre. Er greift ein, interpretiert und darf zur richtigen Zeit nicht sagen, dass er eine starke Vermutung hat, wer den Bericht herausgegeben habe. Man muss sich die Situation in der entsprechenden Gemeinderatssitzung nur vorstellen: Da sitzt Feuerer und stimmt der Anzeige gegen Unbekannt zu, obschon man ihm am Nasenspitz ansieht, dass er lügt, wenn er sagt, er habe keine Ahnung, wer den Bericht weitergegeben habe….

Der Reihe nach: Seit Beginn ist der Sozialdirektor das schwächste Glied im Gemeinderat. Er ist nicht in der Lage, seine Anliegen wirksam zu vertreten. Gut vorstellbar, dass die vier andern ihn an an vielen Sitzungen demütigen, vielleicht sogar auslachen. Ihnen ist auch schmerzlich bewusst, dass Beat Feurer nicht immer die Wahrheit sagt, ob bewusst oder nicht, hängt davon ab, was ihm zugetraut wird. Vorlage um Vorlage wird zur Überarbeitung zurückgewiesen. Peinlichkeit reiht sich an Peinlichkeit.

Blenden wir zurück: Moeschler ist noch im Amt. Sein Parteikollege Stöckli führt ihn geschickt, gibt ihm die nötige Unterstützung und schützt ihn vor den schlimmsten Fehlern. Moeschler ist im Gegensatz zu Feurer gescheit und politisch geschickt. Im Parlament hat man eine satte Mehrheit im Fall der Fälle, die einen auch schon mal vor dringend notwendigen Einschnitten schützt. Schliesslich ist Moeschler durch die Sprachbarriere geschützt und leitet eine monströse Direktion, die ihm objektiv keine Chance gibt, wirklich zu führen. Die Aufgabe ist für Stöckli tausend Mal einfacher als diejenige für Fehr mit Feurer.

Und doch: Indem der Stadtpräsident die Mitverantwortung für Feurers Direktion übernimmt, indem er anfängt zu handeln, indem er eine Anzeige anstrengt, wo er doch wissen müsste, dass sein Kollege in der Sozialdirektion höchst gefährdet ist, übernimmt er eine Verantwortung, die er nicht übernehmen müsste. Er übernimmt die Verantwortung für das Funktionieren der sozialistisch geprägte Sozialdirektion.
Erich Fehr kann ohne grosse Vorbereitung die Massnahmen aufzählen, die zur Senkung der Sozialhilfequote beitragen. Es sind teils Massnahmen, die seine Partei nicht ohne Weiteres trägt und für die hinzustehen Mut vom Stadtpräsidenten verlangen. Mut, den er auch hat. Aber es sind ihm Grenzen gesetzt. Denn wie Andrea Sommer (Berner Zeitung vom 18.12.14, http://www.bernerzeitung.ch/region/seeland-jura/Die-Nebelpetarden-der-Bieler-Linken/story/22698808) richtig schreibt, hat sein Parteifreund Moeschler ganz schön etwas angerichtet in der Sozialdirektion. Soll der Stadtpräsident dafür in die Pflicht genommen werden? Ja, sicher. Erich Fehr wird daran gemessen werden, ob er aus der verfahrenen Situation Feurer einen konstruktiven Ausweg weiss.

Es ist hingegen ein grober Fehlschluss, daraus Mitleid und Entschuldigung für den aktuellen Sozialdirektor abzuleiten, der smart lächelnd und holprige Metaphern plappernd eine Peinlichkeit an die nächste reiht und so seine Unfähigkeit in der Aufgabe beweist. Dass die Sozialisten angesichts der Misere sich in politischen Verrenkungen üben, gehört zur üblichen Verarbeitung von selbstgekochtem Unverdaulichem. Deshalb waren es ja auch nicht sie, die zuerst auf die Katastrophe aufmerksam gemacht haben, sondern ein Freisinniger.

Beides ist schlimm, die Vergangenheit der Sozialdirektion unter Moeschler und die Katastrophe mit Beat Feurer. Letztere wäre auch aber auch ohne Erstere vorstellbar. Die Unfähigkeit des Vorgängers ist keine Entschuldigung für die aktuelle Misere. Denn der Kandidat Feurer wusste wahrscheinlich haargenau, worauf er sich einlässt. Wenn nicht, dann hat er während dem Wahlkampf einmal mehr die Unwahrheit gesagt, laut und öffentlich.

Kalif? Das ist doppelt falsch, Mohammed!

Des honorablen Stadtrats Mohammed Hamdaouis Voten und Texte sind fast immer ein Vergnügen. Der Mann beherrscht Sprache und Rhetorik virtuos und scheinbar aus dem Stegreif. Was er sich aber in der Bieler SP-Zeitung (November 2014) leistet, ist wahrlich kein Meisterwerk.

Fangen wir beim Nebensächlichen an: Wo habe ich den Staat verhöhnt, mein Lieber? Ja, ich will nicht, dass der Staat uns die Verantwortung wegnimmt. Ja, ich will keinen real existierenden Sozialismus, der das Individuum verhöhnt. Ich will aber, dass sich Leistung lohnt. Trotzdem gibt es für mich unabänderliche Staatsaufgaben: Bildung, Infrastruktur, Gewalthoheit und Soziale Sicherheit. Die sind in ihrem Kern auch nicht auszulagen, die muss der Staat in der Hand behalten. Auch stehe ich für nachhaltige Entwicklung ein: Wir müssen überzeugt sein, dass wir den nächsten Generationen gleich viel Freiheit in der Gestaltung ihres Lebens lassen, wie wir sie haben. Bedeutet, dass wir den Verbrauch von Ressourcen durch Innovation rechtfertigen müssen. Das ist nicht „gegen seine [i.e. des Staates] Grösse“ rebellieren, sondern einfach dafür sorgen, dass auch der Staat effizient ist, unsere Freiheit nicht unnötig beschränkt und nicht Ressourcen für Aufgaben verbraucht, die dem aufgeklärten Bürger anheim gestellt werden müssen. Wenn dann Hamdaoui auch noch Empörung über Kosten generell sieht, respektiert er nicht nur den politischen Gegner nicht, sondern schiesst schlicht übers Ziel hinaus. Schlechter Stil, den ich selbst oft nicht vermeiden kann. Den ich aber Hamdaoui nicht zugetraut hätte, Mohammed führt da normalerweise ein feineres Schwert.

Richtig doppelt falsch wird es da, wo mir zum zweiten Mal aus diesem Lager abenteuerliche Ambitionen zugeschrieben werden. Das geht bei Mohammed Hamdaoui dann so: „Fragt sich, ob ihre wahren Gründe nicht vielmehr die sind, selbst den Platz des Kalifen einzunehmen zu wollen?“ Zuerst würde man versucht sein, die Frage mit Ja zu beantworten. Denn dass ich Gemeinderat werden will, habe ich nie versteckt. Eine rhetorische Frage also? Nicht ganz, denn es steht nicht „Gemeinderat“ sondern „Kalif“. Der Kalif ist ein politisch-religiöser Führer. Der kleinere Fehler liegt darin, dass es in Biel keinen Kalifen geben wird, da wir hier das islamische Recht nicht anwenden. Ist ja auch nur eine rhetorische Figur, eine Metapher. Der grössere Fehler ist derjenige der religiösen Führung. In der Sozialdirektion geht es um Handwerk, nicht um Glauben. Es geht darum, die schwierige Aufgabe zu verstehen und die Führung durch harte Arbeit zugeschrieben zu bekommen. Wer diese Direktion aus dem Schlamm ziehen will, muss sich das Vertrauen der Front, der Sozialarbeiter/innen und Sozialarbeiter wie der Unterstützen erkämpfen. Wohl durch zuhören und unterstützen. Dabei darf er gleichzeitig sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Er wird also zu jeder Zeit klar zeigen müssen, was er will und gleichzeitig Verbündete dafür suchen. Dafür braucht er Erfahrung und Ausbildung. Fast wie ein Kalif, aber eben ohne den Anspruch religiöser Führung.

Mohammed Hamdaoui, deine Worte schätze ich, auch wenn ich deine politische Position nicht teile. Diesmal bist du im Schluss nur teilweise richtig gelegen. Dazwischen hat das Schwert deiner Zunge sich in der Erde stumpfgeschlagen. Gib acht, dass du es nicht kaputt schlägst, es wär mir leid!

Heisses Eisen? Eher: Schwierige Arbeit. – Eine Vorschau

Dass die Umsetzung der Motion zur Fachstelle Arbeitsintegration auf sich warten lässt, ist angesichts der schwierigen Arbeit, in der die Sozialdirektion steckt, nicht verwunderlich (siehe Bieler Tagblatt von heute, 05.01.15). Dass der Gemeinderat einmal mehr nicht handeln kann, wohl auch nicht. Nächste Woche ist Stadtrat, da wird Gelegenheit sein, darüber zu schreiben und zu reden.

Vorher sollte hier in den nächsten drei Tagen eine persönliche Auslegeordnung der Causa DSS-Direktor gezeigt werden. Beginnen werde ich mit einigen Gedanken zu Mohammed Hamdaouis Kommentar in der SP-Zeitung. Dann bin ich mir noch nicht sicher, ob ich auf die SP-Vergangenheit der Direktion und den Versuch, sie als Grund für das Scheitern des neuen Direktors zu missbrauchen, eingehen will. Das ist schliesslich ein unnützes Nebenscharmützel, dem Kandidaten Feurer war bekannt, was auf ihn zukommt. Wir werden sehen. Ganz sicher aber werden Reflektionen zur Nachfolge von Beat Feurer nötig sein. Die ist nämlich eine Mission Impossible, egal wer dafür antreten möchte.