Bemühendes Votum des Stadtpräsidenten

Wie sich der Bieler Stadtpräsident Sorgen um eine Verwirrung macht, wie Erklären die Pflicht  des Parlaments ist und wie unhabhängig die Löhne von Chefbeamten und Gemeinderäten sind.

In der Stadtratssitzung vom 24.04.14 habe ich zur Initiative der SVP zur Senkung der Gemeinderatslöhne folgendes gesagt:

Die Motivation einer Kommission darf sicher nicht vom Zustandekommen einer Initiative, die ich übrigens nicht unterstütze, abhängen. Die diesbezügliche Aussage des Stadtpräsidenten finde ich für das Parlament etwas bemühend. Und als Letztes: Wer sagt, dass gut qualifiziertes Chefpersonal mit einer Topausbildung, das die Stadt wirklich anstellen will, nicht mehr verdienen soll als ein Gemeinderatsmitglied? Das steht nirgends geschrieben. Das Lohnsystem ist kein festes Gefüge, in dem alles angepasst werden muss, wenn eine hohe Position verändert wird. Davor müssen wir uns nicht fürchten.“ (5. Stadtratsprotokoll, Sitzung vom Donnerstag, 24. April 2014, S. 190)

Bezug genommen habe ich auf das Votum von Erich Fehr:

Die Frage nach Sinn und Status einer Volksinitiative, die Frau Augsburger-Brom gestellt hat, muss tatsächlich vielleicht einmal geklärt werden. Wenn die Kommission an einer Lösung arbeitet, muss sie ja wissen, ob eine gewisse Chance auf Akzeptanz besteht, oder ob sie quasi ins Leere hinaus arbeitet, weil die Volksinitiative in jedem Fall unverrückbar im Raum steht. Diese Klärung müsste noch stattfinden, schon nur für die Arbeitsmotivation der Kommission.“ (Votum Erich Fehr, 5. Stadtratsprotokoll, Sitzung vom Donnerstag, 24. April 2014, S. 188)

„Status einer Volksinitiative“?  Sie gilt, wenn sie angenommen wird. Das Volk hat das letzte Wort. Oder möchte der clevere Stadtpräsident dumme Volksinitiativen überstimmen können? Grad ein wenig happig, nicht?

Für die Arbeitsmotivation der Kommission ist aber dann sicher nicht nötig, dass die Initiative zurückgezogen wird. Ob allerdings das SVP-Präsidium ein weiser Schritt war, bleibt dahingestellt.

Die angesprochene Initiantin hatte hingegen wenig Musikgehöhr. Das ist verwunderlich, die Initiative wird im nächsten Wahlkampf bedeutend sein.  Das muss der Stadtpräsident wissen, was wollte er erreichen?

Zur Vollständigkeit die Aussage von Dana Augsburger-Brom im Rat:

Nun bleibt noch das Problem der Volksinitiative. Ich habe nichts gegen Volksinitiativen. Sie sind ein demokratisches Werkzeug, das mir grundsätzlich sympatisch ist. Wenn diese Diskussion nun aber auf zwei Schienen läuft, habe ich ein Problem. Dann gibt es die sachliche Ebene des Postulats und parallel dazu die emotionale der Volksinitiative. Ich glaube, dass das für die Stimmberechtigten nur Verwirrung stiften wird. Mir macht das Mühe.“ (Votum Augsburger-Brom Dana, SP, Stadtratsprotokoll, Sitzung vom Donnerstag, 24. April 2014, S. 187)

Scherz? Urteilen Sie selbst.

Der Sozialdirektor behauptet, er könne sich ja nicht verteidigen, weil er nichts sagen dürfe. Derbe Scherze mit dem Personal, wie er sie sich leistet, machen auch ohne diese Einschränkung sprachlos.

Stellen Sie sich vor, ihr Chef erklärt Ihnen, die versprochene Beförderung finde jetzt nicht statt. Dabei wurde Ihnen etwas ganz anderes versprochen. Was geht in Ihnen da vor? Sie werden sich ärgern, möglicherweise. Dann werden Sie sich wehren und sich erkundigen. Wenn dann Ihr Chef sagt, es sei bloss ein Scherz gewesen, er hätte testen wollen, ob sie zu ihm halten, was denken Sie dann?

Reden konnte er offenbar, ziemlich frei, ziemlich eindeutig. Fraglich, wie er das schönreden könnte. Ach ja, gelogen hat er so nebenbei offenbar auch noch.

Der Tatbestand ist im Bericht Hubacher zweifelsfrei dokumentiert:

„Am 12.9.2014 verfasste (…) eine Mail an einen Abteilungsleiter, für welche im Nachhinein Herr Feurer die Verantwortung übernahm. Darin teilt er mit, die Beförderungsanträge lägen zwar unterschrieben bereit, doch habe der Gemeinderat aufgrund der Sparmassnahmen entschieden, bis auf weiteres alle Beförderungen zu sistieren. Da ein solcher GRB nicht existiert, erklärte Herr Feurer auf Nachfrage, es sei nur darum gegangen, das Loyalitätsverhalten des Kadermitarbeiters zu überprüfen.

In der Befragung begründete Herr Feurer weiter, es habe sich um einen reinen Scherz gehandelt, den er unter den gegebenen Umständen sicher nicht mehr machen würde.“ (Bericht zur Administrativuntersuchung in der Direktion Soziales und Sicherheit der Stadt Biel, Hubacher, 17.10.2014)

Warum dann kein Antrag auf Entlassung?

Was die BZ heute aus der internen Version des Berichts zitiert und herleitet, lässt schon nachdenken. Da hält sich eine Chefbeamtin nicht an die elementarsten Regeln ihres Berufs und verweigert Anweisungen. Warum das keine sofortigen Konsequenzen hatte, ist schleierhaft. Denn der Gemeinderat hat vom Sozialdirektor nie einen qualifizierten Antrag auf Kündigung der Sozialamtsvorsteherin bekommen. Es ist noch schlimmer: Wenn die Verfehlungen dermassen klar sind, dann erscheint die Verbrüderung Anfang Jahr in noch viel grellerem Licht: Der Sozialdirektor ist als Mitwisser mitverantwortlich.

Dass der Gemeinderat der Chefbeamtin zehn Monatslöhne bezahlt, muss wohl einen guten Grund haben. Vor dem Hintergrund der Vorwürfe kann man sich einen solchen nur schwer vorstellen…

Personal der Stadt Biel anständig behandeln

Das Personalreglement der Stadt Biel ist vierzig Jahre alt. Jetzt wird es neu. Hier steht, wie ich mich als Mitglied der Kommission des Stadtrates für Konkurrenzfähigkeit, Fairness, Verhältnismässigkeit und Gerechtigkeit gegenüber dem Personal einsetze.

In dieser Woche fand die erste Sitzung der Kommission für das neue Personalreglement statt. Aus der Kommission darf nicht berichtet werden, die Verhandlungen müssen geschützt werden. Hingegen meine persönlichen Überlegungen, die dürfen hier schon stehen. Es sind Grundhaltungen. Ins Detail geht es dann erst bei der Behandlung im Stadtrat im nächsten Jahr.

Konkurrenz: Die Stadt Biel steht nicht alleine in der Landschaft. Wenn sie Mitarbeiter/innen einstellen will, steht sie in Konkurrenz mit andern Verwaltungen und der Privatwirtschaft. Wir müssen uns in der Ausgestaltung der Anstellungsbedingungen und Löhne also mindestens irgendwo im Mittelfeld tummeln. Sonst haben wir eher weniger gute Bewerbungen auf eine ausgeschriebene Stelle.

Fairness: Wer hier angestellt ist, der darf auch unter dem neuen Reglement nicht schlechter gestellt werden. Es ist schon so, dass auch das Arbeitsklima und die Arbeitsinhalte wesentlich zur Motivation beitragen. Aber der Lohn und die Anstellungsbedingungen tun das ihre dazu. Da wiegen negative Veränderungen stark. Deshalb muss die Veränderung fair sein zu denen, die heute angestellt sind.

Verhältnismässig:  Unüblichen Luxus können und wollen wir uns nicht leisten. Die Stadt ist ein guter Arbeitgeber und wird als solcher wahrgenommen. Das zu erhalten und langfristig zu sichern ist unsere Aufgabe.

Gerecht: Wir könnten allerhand Kriterien anwenden, die die eine oder andere Gruppe besonders stärken würde. Davon müssen wir Abstand nehmen. Lohn und Leistungen gibt es bei der Stadt für die Arbeit und darüber hinaus, weil es vorgeschrieben oder üblich ist. Ein Beispiel? Wenn der Kanton Vaterschaftsurlaub gibt, müssen wir das nicht unbedingt tun. Davon profitieren wenige, wir sollten schon einen sehr guten Grund haben, damit wir diese Last auf die Schulter aller Mitarbeiter/innen verteilen.
Ein besonderes Kapitel sind die Kündigungen. Dafür gibt es auch in der Verwaltung faire Verfahren. Denn wir müssen uns von Mitarbeitenden trennen können, wenn sie nicht richtig arbeiten. Auch im Interesse der andern Mitarbeiter/innen, schliesslich muss die Arbeit gemacht sein und die Stimmung erträglich bleiben. Auch hier habe ich also eine typische Mitte-Position: Künden muss machbar sein, mit den kantonsüblichen Rekursmöglichkeiten ausserhalb der Stadtverwaltung.

Finanziell tragbar: Man kann mir jetzt vorwerfen, ich würde so nicht sparen wollen. Ja, an Löhnen und Leistungen fürs Personal will ich nicht die Finanzen der Stadt sanieren. Wenn wir Dienstleistungen von der Stadt haben wollen, dann sollen wir auch anständig dafür bezahlen. Das heisst nicht, zu viel zu zahlen. Für überdurchschnittliche Löhne oder Leistungen fürs Personal bin ich auch nicht zu haben.
Zusammengefasst: Nicht das Personal drücken, sondern wenn nötig Personal abbauen. Was sich übrigens sozialverträglich über natürliche Abgänge bewerkstelligen lässt, wenn wir einigermassen langfristig planen und nicht warten, bis die Finanzuhr auf fünf nach zwölf steht.

Die Kommission wird sich übrigens auch um die Löhne der Gemeinderäte zu kümmern haben. Darüber wird noch zu schreiben sein.

Den Direktionssekretär falsch eingesetzt

Den Rücktritt eines Gemeinderates zu fordern, ist das eine. Ihn begründen zu können das andere. Deshalb soll in wenigen Posts genauer auf den Bericht zum Desaster in der Sozialdirektion eingegangen werden. Anders, als das der Direktor und seine Partei glauben lassen wollen, ist die Renitenz der Chefin des Sozialamts nämlich nur einer unter vielen Gründen, warum im Kongresshaus nicht wirksam gegen die hohe Sozialhilfequote gekämpft wird.

Also: Gemeinderat Feurer weiss offenbar nicht einmal, wozu ein Direktionssekretär nützlich und verpflichtet ist. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum er im Gemeinderat regelmässig abblitzt oder schlecht vorbereitete Geschäfte in den Stadtrat bringt.

Die Schuld wies er gestern von sich und seine Partei doppelte nach: Alle Fehler seien nur politisch motivierte Obstruktion. Das Gegenteil ist der Fall: Die Fehler haben politisch schlimme Folge, weil sie dem Sozialdirektor unterlaufen. Wer Äpfel schälen will, muss wissen, welches Instrument man dazu braucht!

In der Arbeit mit Beat Feurer und seinem Direktionssekretär bin ich übrigens immer davon ausgegangen, dass sich der Sozialdirektor durch den offensichtlich stärkeren engen Mitarbeiter inhaltlich führen lässt. Etwas, was ich laufend tue, weil es immer Gebiete und Sachverhalte gibt, die ich weniger gut beherrsche als meine Mitarbeitenden. Ist ja klar bei einer grossen Organisation voller Spezialist/innen.

Aber lesen wir den Bericht selbst:

Obschon die Qualitätskontrolle auf Stufe Direktion unbestrittenerweise dem Direktionssekretär obliegt, scheint hier mit (…) eine entscheidende Korrektur vorgenommen worden zu sein: Er delegierte diese Aufgabe weitgehend an die kaufmännische Sekretärin der Direktion.

Zwar macht er geltend, jedes Geschäft gehe noch über seinen Tisch, aber er arbeite nicht an jedem so tiefgründig mit. Es fehlten ihm schlicht die dazu notwendigen Kapazitäten. Die Direktbetroffenen wenden ein, er beschränke sich auf sprachliche und orthographische Korrekturen und Ansprechpartner für die Abteilungsleitenden sei seit dem Weggang der Vorgängerin Herr Gemeinderat Feurer selbst.

Weshalb Herr Gemeinderat Feurer auf diese wichtige Scharnierfunktion seines Direktionssekretärs verzichtet, konnte letztlich nicht geklärt werden. Jedenfalls dürfte es nicht damit getan sein, die ungenügende Akzeptanz der Direktionsgeschäfte im Gemeinderat als politisch motiviert abzutun, solange er die zentrale Filterfunktion und die daraus resultierende Verantwortung seines juristischen Sekretärs nicht nutzt. Auch die Abteilungsleitenden beanstanden die mangelnde Qualitätssicherung ihrer Geschäfte.

Herr Gemeinderat Feurer wäre jedenfalls gut beraten, seinen Direktionssekretär diesbezüglich in die Pflicht zu nehmen.“ (Andreas Hubacher, Bericht zur Administrativuntersuchung in der Direktion Soziales und Sicherheit der Stadt Biel, geschwärzte Version, 17.10.14, S. 17, Hervorhebungen nicht im Original)

Herr Sozialdirektor, es genügt jetzt. Treten Sie zurück.

Der Bericht Hubacher bestätigt, was hier während Monaten berichtet wurde: Beat Feurer ist nicht in der Lage, die Sozialdirektion zu führen. Er kann weder seine Versprechen einhalten noch diejenigen der SVP. Also, lieber Beat Feurer und liebe SVP, die Zeit des Beschönigens ist vorbei: Zurücktreten und Neuwahl.

Und jetzt wird er durch den Gemeinderat an die kurze Leine genommen. Das verschlingt Arbeitskraft, die wir dringend für die Entwicklung der Stadt einsetzen müssten.

Schade, dass der Direktionssekretär auch gehen muss. Er hat wirklich neuen Wind gebracht, in der Zusammenarbeit mit ihm habe ich Hoffnung geschöpft.