Die Unterstützung der Kultur der jeweils andern Sprachgruppe ist für den Sprachfrieden in der Stadt eine entscheidende Sache. Es ist der finanzielle Aspekt, der eigentlich in einer Abwägung über alle Unterstützungen und beide Sprachgruppen erörtert werden sollte. Von Gemeinderat Némitz ist dafür kein tatkräftiges Verständnis zu bekommen, um es einmal so auszudrücken. Wenn er aber richtig kalkuliert hat, dann ist es auch möglich, dass wir einen Antrag für den Ausführungskredit sehen werden, der höchstens die genannten 2.8 Mio. Beitrag der Stadt sehen wird. Hinzu kommt, dass der Kosten- und Ertragsplan unrealistisch ist. Zum Beispiel dies: Das Engagement von TOBS zu vergrössern ist betriebswirtschaftlich aus Sicht der Stadt Biel falsch. Im Palace braucht es ein grösseres Orchester als im Stadttheater und die Aufführungen sind unter dem Strich teurer als in der Altstadt. Auch werden die Saalmieten am Markt kaum durchzusetzen sein, wir haben die Begehrlichkeiten schon gehört.
Wir setzen uns also unter einen sehr grossen Druck, wir werden eine Reihe kostspieliger Folgen zu tragen haben.
Nach all diesen Überlegungen werde ich dem Geschäft nur zustimmen können, wenn eine verbindliche Begrenzung der Investition der Stadt Biel auf 2.8 Mio. vorliegt. Das Wort von Gemeinderat Némitz reicht mir übrigens. Er gehört zu den Gemeinderäten, die noch nicht öffentlich gelogen haben.
Und wie läuft die Stadtratsdebatte? Es ist der 18. September 2014. Die vorgängigen Traktanden haben nicht viel ausgelöst, die Stimmung ist ruhig, zumindest zu Beginn. Geht der Sprecher der GPK ans Pult, will den Planungskredit, erklärt die Varianten und warum die teuerste gewählt wurde. Mein Sitznachbar äussert sich schon einmal pointiert. Ein Theater für die Romands, das muss das Thema sein. Der GPK-Vertreter greift jetzt in die Vollen, er stellt die Frage, ob es ein ständiges Orchester überhaupt geben soll. Dann geht er in Richtung der Risiken, unter deren Aspekt ein vernünftiger Gemeinderat meine Forderung nach Sicherheit durch sein Wort nicht erfüllen kann. Der GPK-Sprecher wird immer mutiger:Er weiss schon, dass der Businessplan nicht gut ist. Auch der Projektierungskredit sei so hoch, dass auf eine Bausumme von 9 Mio. statt der budgetierten 5 Mio. geschlossen werden könne. Trotzdem müsse das Geschäft genehmigt werden, weil die umliegenden Gemeinden der Stadt die Aktien des Palace geschenkt haben.
Darauf schreitet Maurice Paronitti ans Pult und erklärt, dass unsere Fraktion hinter dem Kredit stehe, im Prinzip. Man könne vom kantonalen Engagement profitieren. Aber zu bedenken sei, dass mehr als das Nötige getan werde. Dies bringe keinen einzigen zusätzlichen Besucher. Paronitti stellt einige Fragen. Némitz grinst und schreibt auf. Wir sollten eigentlich das Engagement beschränken, sagt Paronitti. Eigentlich sollten wir zurückweisen, aber das Projekt verdient jetzt Unterstützung. Wir wollen die Begrenzung des städtischen Engagements auf 2.8 Mio.
Die Grüne will den Kredit, findet alles logisch. Sie will aber noch eine Hörschleife. Die Sozialistin redet über die Zweisprachigkeit. Der Grünliberale ist der Kleinkünstler, der dem Gemeinderat fürs Zuhören dankt. Allerdings wundern sie sich über die zusätzlichen jährlichen Beiträge, die da schon einmal drin sind. Den Betriebsplan finden sie hingegen in Ordnung. Der Mietpreis sei zu hoch, die Frequenz könne aber noch erhöht werden. Wenn die Leute einmal ein wenig Betriebswirtschaft lernen könnten: Sprechen wir über Elastizität… Der SVP-Sprecher steht kritisch da. Wir haben drei Theater, die unterstützt werden müssen. Warum müssen wir sprachtrennen? Die Voten folgen sich, die Sitzung wird unterbrochen. Was der eine oder der andere in der Pause sagt, hat Zündstoff. Aber dahin will ich nicht, der Sprachfriede ist wichtiger. Pointiert äussert sich wie immer mein Grünliberaler Nachredner Pichard: Brauchen wir in der zweisprachigen Stadt elitäres französisches Theater. Er gibt zu, dass er in Biel Theater macht. Anschliessend ist Werner Hadorn eindrücklich in seinem Votum. Die Leute kamen nach Biel, als wir noch das Capitol hatten. Das Palace ist nicht das dringlichste, wir brauchen Veranstaltungen, die Ausstrahlung haben. Wir haben das Kongresshaus, der Saal ist akkustisch und technisch nicht brauchbar. Das Volkshaus hat einen Saal, der nicht zu brauchen ist. Das Wesentliche ist das professionelle Kulturmanagement. Es sind die richtigen Leute am Ruder, findet er, das Gebäude ist nicht wichtig.
Der Gemeinderat redet lange, detailliert und kämpft für seine Kultur. Ich finde ihn sympathisch, auch wenn ich das nicht gerne zugebe. Er sagt auch deutlich, dass er nie lügen werde. Wir hören zwar nicht genau, dass es nicht mehr als 2.8 Mio. für die Stadt kosten werde. Der Betriebsplan sei der heutigen Realität angepasst, er sei vorsichtig. Der Saal könne mehr hergeben. Das TOBS könne Tournées machen, wenn es im Palace produziere. Jetzt wird er unglaubwürdig, das ist so nicht richtig, weil die Truppe zu diesem Preis nicht produzieren kann.
Die Baudirektorin findet die kulturpolitische Debatte heute Abend richtig, deshalb vertrete auch Némitz das Geschäft. Die Nutzung sei jetzt klar. Mit dem Projektierungskredit können die nötigen Arbeiten in Angriff genommen werde. Die Variante sei also auch die richtige. Wir gehen im Moment von 5.5 Mio. aus, aber die Unsicherheit sei bei 25%. Der städtische Beitrag kann nicht plafoniert werden. Nicht nur die Stadt sei aber da drin, sondern Private und der Lotteriefonds. Es ist wichtig, dass auch weiterhin in Szenarien gedacht werde. Wenn weniger Geld komme, werde man einige Dinge auf jeden Fall machen müsse. Der Spielraum sei dann in der Ausstattung. Das ist alarmierend. Es wird viel mehr kosten. Aber dieses Beispiel werden wir für ihre Arbeit im Wahlkampf wieder brauchen können. Ärgerlich ist es trotzdem.
Das gibt eine grosse Zustimmung, ich enthalte mich der Stimme, weil ich keine Zusage bekommen habe, kein Versprechen. Ich stimme nicht dagegen, dem Sprachfrieden zuliebe.